DEUTSCHLAND
Berliner Zeitung
[Cardinal Ludwig Gerhard Mueller said not all priests are abusers and most abuse occurs within the family.]
Von Joachim Frank
Herr Kardinal, noch einmal zurück zum Begriffspaar „Wahrheit und Freiheit“ im Hinblick auf die Kirche. Gerade läuft in den deutschen Kinos der für sechs Oscars nominierte Film „Spotlight“ über die Enthüllung einer systematischen Vertuschung von sexuellem Missbrauch im Erzbistum Boston durch Journalisten des „Boston Globe“. In Deutschland jährt sich die große Erschütterung des Missbrauchsskandals zum fünften Mal. Muss Ihr Plädoyer für die befreiende Kraft der Wahrheit angesichts des kirchlichen Versagens vor dem Anspruch der Wahrheit nicht doppelzüngig klingen?
„Die Kirche“, das sind mehr als eine Milliarde Gläubige, Hunderttausende Priester, Tausende Ordenschristen und Bischöfe. Nicht die Gemeinschaft, sondern Individuen haben sich – und zwar nicht infolge ihres Amtes, sondern einer unreifen oder gestörten Persönlichkeit – des Missbrauchs schuldig gemacht. Aber den allermeisten Geistlichen geschieht durch die Generalisierung bitteres Unrecht. Missbrauch gibt es im Übrigen in allen Bereichen, wo Heranwachsende sind. Die Kriminalstatistik zeigt: Die meisten Täter kommen aus dem familiären Umkreis. Es sind auch die Väter und andere Verwandte der Opfer. Daraus kann man jedoch nicht den Umkehrschluss ziehen: Die meisten Väter sind mögliche oder wirkliche Täter. Im Übrigen habe ich Probleme mit dem leicht dahingesagten Vorwurf der „Vertuschung“.
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