Die Zeit der Ausflüchte und der Verharmlosungen ist vorbe

DEUTSCHLAND
Readers Edition

1 Einleitung

1.1 Das DJI-Projekt „Sexuelle Gewalt gegen Mädchen und Jungen in Institutionen“ im gesellschaftlichen Kontext

Nach einer langen Phase des Schweigens, der Sprachlosigkeit, des Wegschauens und des Nicht-für-möglich-Haltens ist sexuelle Gewalt zu einem Thema der Öffentlichkeit, der Medien, der Fachwelt und nicht zuletzt der Politik geworden. Das Canisius-Kolleg in Berlin, das badische Kolleg St. Blasien, die Klosterschule Ettal bei Garmisch-Partenkirchen, die Odenwaldschule in Heppenheim: Sie alle stehen stellvertretend und besonders prominent für eine Welle der Aufdeckung sexueller Gewalt gegen Mädchen und Jungen in Institutionen. Die unzulänglichen Versuche, die Folgen und Traumatisierungen des erfolgten Missbrauchs in den Einrichtungen diskret und intern zu regeln, haben durch die anhaltende öffentliche Berichterstattung ein Ende gefunden. Die Zeit der Ausflüchte und der Verharmlosungen ist vorbei. Viele Opfer haben oft erst nach vielen Jahren oder gar Jahrzehnten den Mut und die Sprache gefunden, ihre Erfahrungen mitzuteilen, die Mauer des Schweigens zu durchbrechen. Davon zeugt insbesondere die Auswertung der Anrufe bei der Anlaufstelle der Unabhängigen Beauftragten (UBSKM 2011, S. 40f.). Aus Gerüchten und Mutmaßungen, aus Verdächtigungen und Zweifeln sind damit Gewissheiten geworden, aus Einzelfällen wurde ein ganzes Geflecht des anhaltenden Missbrauchs in Institutionen sichtbar. Diese Initialzündung hat zu einem Dammbruch geführt. Nach einer ersten Phase der Schockstarre und des ungläubigen Befremdens über das in diesem Ausmaß nicht für möglich Gehaltene ist eine neue Kultur der Versprachlichung, des Hinsehens und der öffentlichen Konfrontation entstanden.

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