Studie: Jede vierte Abgeordnete in Europa erlebte sexuelle Gewalt im Parlament, The Huffington Post (October 16, 2018)

Studie: Jede vierte Abgeordnete in Europa erlebte sexuelle Gewalt im Parlament

The Huffington Post
October 16, 2018

https://www.huffingtonpost.de/entry/studie-zeigt-jede-vierte-abgeordnete-erlebte-sexuelle-gewalt-in-eu-parlamenten_de_5bc5de30e4b055bc947a1e4c

Zwei Abgeordnete und eine Frau laufen durch einen Tunnel der ein Parlamentsgebäude mit dem Bundestag verbindet.

[Study: One in four MEPs in Europe experienced sexual violence in parliament]

► Viele Weibliche Abgeordnete und Mitarbeiter sind in Parlamenten von sexueller Belästigung, Missbrauch und Gewalt betroffen. Das zeigt eine in 45 europäischen Ländern durchgeführte Studie der Interparlamentarischen Union (IPU) und‬ der parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE).

► So gaben 85 Prozent der weiblichen Abgeordneten, die an der Studie teilgenommen haben, an, dass sie im Laufe ihrer Amtszeit Opfer psychischer Gewalt geworden sind.

► Fast jede zweite hatte Mord-, Vergewaltigungs- oder Gewaltdrohungen erhalten, jede vierte selbst sexualisierte Gewalt erlitten.

► Besonders pikant: Die Gewalttäter kamen zu 77 Prozent aus der eigenen Parlaments- oder einer anderen Fraktion.

Warum der Bericht zu sexuellen Übergriffen wichtig ist:

Vor einem Jahr hatten etliche EU-Parlamentarierinnen im Zuge der #Metoo-Debatte Fälle schwerwiegender sexuelle Belästigung öffentlich gemacht. So sollen männliche Abgeordnete Frauen auf verschiedenste Arten sexuell bedrängt oder begrapscht haben. In einem Fall habe ein Parlamentarier vor einer jungen Assistentin masturbiert, schrieb die “Sunday Times” damals.

Die Studie zeigt nun, dass es auch in europäischen Parlamenten ein weitreichendes Problem mit sexuellen Übergriffen durch männliche Abgeordnete gibt.

IPU und PACE bemängeln, dass es in den wenigsten Ländern bisher Stellen im Parlament gibt, wo sich Betroffene beschweren oder Übergriffe melden können. Viele Frauen hätten aus Angst vor Repressalien, wie dem Verlust des Jobs, über die Vorfälle geschwiegen.

Was ihr über die Studie wissen müsst:

Für die Studie wurden Fragebögen an alle weiblichen Abgeordneten aus den nationalen IPU- und PACE-Delegationen der 47 Mitgliedsstaaten des Europarates sowie an Parlamentsmitarbeiterinnen aus diesen Ländern ausgeteilt.

Letztendlich erklärten sich insgesamt 123 Frauen aus 45 Ländern zu freiwilligen und vertraulichen Einzelgesprächen bereit. 81 dieser Frauen waren Abgeordnete der jeweiligen nationalen Parlamente, 42 waren Parlamentsmitarbeiterinnen.

Die Studienmacher betonen: “Da die Teilnahme an der Studie freiwillig war, spiegeln die Ergebnisse allein die Antworten wider, die während der Interviews gegeben wurden. Diese Studie basiert nicht auf einem statistisch repräsentativen Muster. Die Ergebnisse der Studie deuten jedoch darauf hin, dass es gibt ein Problem, das weitgehend vernachlässigt wurde.”