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Die Frohliche Plauderei Des Papstes

By Raoul Lobbert
Zeit
February 20, 2016

http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-02/franziskus-papst-donald-trump-zika-spontaneitaet

Von Donald Trump uber Zika zu Mafia-Morden: Vor Journalisten plaudert Franziskus gern mal frei heraus. Die Spontaneitat funktioniert so lange, bis er sich verplappert.

Papst Franziskus im Februar in Mexiko-Stadt © Max Rossi /Reuters

Erreicht Papst Franziskus papstliche Reiseflughohe, kann kein Medienberater ihn mehr stoppen. Dann rei?t er schon mal in einer spontanen Pressekonferenz Witze uber sich wie Karnickel vermehrende Katholiken, beichtet Mitreisenden seine Neurosen oder spricht, wie gerade erst, dem amerikanischen Prasidentschaftskandidaten Donald Trump das Christsein ab, weil der an der mexikanischen Grenze lieber Mauern als Brucken errichten wurde.

Fur uns Journalisten sind Donald Trump und Franziskus Geschenke des Himmels. Beide produzieren in Serie vermeintlich starke Satze, bei denen sich selbst die Wohlgesonnensten fragen, ob die beiden wissen, was sie sagen und tun. Im Falle von Papst Franziskus jedoch muss eingeraumt werden: Vieles von dem, was er wahrend seiner Pressekonferenzen uber den Wolken von sich gibt, haben andere Papste inhaltlich auch schon gesagt – nur schriftlich, manchmal mit Fu?noten versehen und bereinigt vom Makel der Spontaneitat.

Dass Franziskus etwa auf dem Ruckweg von Mexiko Verhutung aus Angst vor dem Zika-Virus erlaubt, ist in der Sache so ungewohnlich nicht. Von Paul VI. bis zu Benedikt XVI. haben Papste immer wieder Verhutung in Ausnahmesituationen als rechtens bezeichnet. Der Unterschied ist der Stil: Statt jedes Wort zu wagen, redet Franziskus drauflos, als gabe es keine Weltoffentlichkeit, zu der er spricht. Das Ungewohnliche und Faszinierende daran ist: Hier kann man einem Papst bei der allmahlichen Verfertigung der Gedanken beim Reden zusehen. Und so hupfen uber den Wolken die papstlichen Gedanken von Zika uber die Verhutung zur Abtreibung, gefolgt von einem kaum mehr nachvollziehbaren Vergleich mit den Morden der italienischen Mafia, fur den Benedikt XVI. als Papst von der Weltoffentlichkeit gegrillt worden ware.

Papst halt Verhutung des angesichts Zika-Virus fur einleuchtend

Papst Franziskus erwagt wegen des Zika-Virus offenbar Ausnahmen vom katholischen Verbot kunstlicher Verhutung. Das sagte er vor Journalisten.

Doch scheinbar hat die Weltoffentlichkeit so sehr auf einen Papst zum Anfassen und Liebhaben gewartet, dass seine selbstbewusst vorgetragene Fehlbarkeit ihn nur umso echter und liebenswerter erscheinen lasst. Dabei gibt es, das hat die jungste Pressekonferenz uber den Wolken gezeigt, durchaus auch einige weniger liebenswurdige Zuge an Franziskus. So sagte der Papst beispielsweise: "Ein Bischof, der einen Priester in eine andere Pfarrei versetzt, wenn ein sexueller Missbrauch an Minderjahrigen entdeckt wird, ist einer, der keine Ahnung hat, und das Beste, was er tun kann, ist, seinen Rucktritt einzureichen."

Fur sich genommen ware der Satz nicht weiter erwahnenswert, gabe es mit dem chilenischen Bischof Juan Barros Madrid und dem australischen Kurienkardinal George Pell nicht zwei Wurdentrager aus dem Umfeld des Papstes, die in der Vergangenheit Missbrauchsfalle vertuscht haben sollen. Den Chilenen Juan Barros Madrid hatte Franziskus im Marz 2015 allen Vorwurfen und Protesten von Opferverbanden und Politikern zum Trotz uberhaupt erst zum Bischof von Osorno ernannt. Den Australier George Pell machte er 2014 sogar zum Prafekten des neu geschaffenen Wirtschaftssekretariats im Vatikan und berief ihn auch nicht ab, als ein Jahr spater ein Mitglied der papstlichen Kinderschutzkommission Pell wegen angeblicher Vertuschung von Straftaten als "unhaltbar fur den Vatikan" bezeichnete.

"Donald Trump ist kein Christ"

Papst Franziskus kritisierte den US-Prasidentschaftskandidaten Donald Trump fur sein Vorhaben, eine Mauer vor Mexiko zu bauen. Das sei mit christlichen Werten nicht zu vereinbaren, sagte der Papst.

Und wann kommt die Pointe?

Doch das alles ist fur Papst Franziskus uber den Wolken scheinbar nicht der Rede wert. Schlimmer noch: Es fragt ihn niemand danach. Nicht nur Franziskus scheint sich daran zu berauschen, wohin die Gedanken ihn beim Reden tragen. Auch die Journalisten folgen seinen verbalen Hupfern und Ausrutschern und warten begierig auf die Pointe, die sich irgendwann vielleicht am Ende der Gedenkkette abzeichnet.

Man kann das durchaus eine Taktik nennen: Franziskus redet, wenn die Luft dunn wird, so lange uber alles und nichts, bis sich kein Journalist im Flugzeug mehr fragt, ob es nicht auch Dinge gibt, uber die selbst Papst Franziskus nicht reden will, obwohl er daruber eigentlich mal reden sollte. Naturlich ist die Taktik riskant. Der Papst konnte sich verplappern und – ob aus Sauerstoffmangel, Leichtfertigkeit oder warum auch immer – wirklich etwas von Bedeutung verraten. Spatestens dann ware es mit der Plauderei wohl vorbei. Dann bekame Franziskus fur die nachste Reise als Geschenk von seiner Kurie eine Jacht.

 

 

 

 

 




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