| Wesentlich Mehr Missbrauchsfalle Bei Regensburger Domspatzen
The Spiegel
January 7, 2016
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/regensburger-domspatzen-wesentlich-mehr-missbrauchsfaelle-a-1071070.html
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Rechtsanwalt Ulrich Weber: Wesentlich mehr Misshandlungsfalle als bisher angenommen
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Priester und Lehrer des Regensburger Bistums haben mindestens 231 Kinder misshandelt, das geht aus einem Zwischenbericht zur Aufklarung der Vorfalle bei dem Domspatzen-Chor hervor. Die Dunkelziffer konnte noch deutlich hoher liegen.
Bei den Regensburger Domspatzen hat es wesentlich mehr Misshandlungsfalle gegeben als bisher angenommen. Von 1953 bis 1992 seien mindestens 231 Kinder von Priestern und Lehrern des Bistums verprugelt oder sexuell missbraucht worden, sagte der von Bistum und Chor mit der Klarung des Skandals beauftragte Rechtsanwalt Ulrich Weber in Regensburg.
"Die sexuellen Ubergriffe reichten von Streicheln bis zu Vergewaltigungen", berichtete der Rechtsanwalt. Weber geht davon aus, dass die Dunkelziffer der misshandelten Kinder noch deutlich hoher liegt. Er rechnet damit, dass etwa jeder Dritte der rund 2100 Vorschuler zwischen 1953 bis 1992 unter korperlicher Gewalt litt. Die Kinder seien mit Gegenstanden geschlagen und blutig geprugelt worden, Bettnasser seien zur Schau gestellt und andere zum Essen gezwungen worden.
Webers Zahlen sind deutlich hoher als diejenigen, die das Bistum Regensburg im Zuge seiner eigenen Nachforschungen vor rund einem Jahr offentlich gemacht hatte. Im vergangenen Februar hatte das Bistum mitgeteilt, dass Berichte von 72 fruheren Mitgliedern des weltberuhmten Chors aus den Jahren 1953 bis 1992 vorlagen, die so schwer geschlagen worden seien, dass von Korperverletzung auszugehen sei. Die Kirche hatte zudem angekundigt, jedem von ihnen eine Entschadigung von 2500 Euro zu zahlen.
Weber hat seit Mai 2015 mit Dutzenden Opfern, Verantwortlichen und dem Missbrauchsbeauftragten des Bistums Regensburg gesprochen. Zudem hatte er Einblick in Geheimarchive, Personalakten und personliche Notizen des Generalvikars. Das Fazit des Rechtsanwalts: Hinter den Kulissen des Knabenchors habe ein "System der Angst" geherrscht.
Uber Jahrzehnte hinweg seien Falle von Missbrauch, Prugel und Gewalt intern bekannt gewesen und auch kritisiert worden. Sie hatten aber weder zu personellen Konsequenzen noch zu strukturellen Anderungen gefuhrt.
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