Eilig wurde am Dienstag, dem 1. Dezember, eine Pressekonferenz einberufen; es war mal wieder Zeit fürs Krisenmanagement in der katholischen Kirche. Und die Verteidigungsstrategie lautete: Alles abstreiten. »Die Vorwürfe sind in keiner Weise haltbar«, gab sich der Hildesheimer Weihbischof Heinz-Günter Bongartz empört. Von Selbstkritik keine Spur. Worum es ging? Darum, wie er und Diözesanbischof Norbert Trelle 2010 mit Missbrauchsvorwürfen gegen einen Priester des Bistums Hildesheim umgegangen waren.
Anlass des bischöflichen Ärgers war die ARD-Fernsehdokumentation »Richter Gottes. Die geheimen Prozesse der Kirche« von Eva Müller. Darin hatte die Journalistin unter anderem über den Fall des Paters R. berichtet.
Im März 2010 hatte sich ein damals 14-jähriges Mädchen zusammen mit seiner Religionslehrerin im Generalvikariat beim damaligen Personalchef des Bistums, Heinz-Günter Bongartz, gemeldet und geäußert, Pater R. habe sie einige Jahre zuvor sexuell missbraucht.
Das Gespräch mit dem Mädchen und seiner Lehrerin habe aber keine eindeutigen Hinweise auf sexuellen Missbrauch ergeben, erklärt das Bistum heute, um sich zu rechtfertigen, warum es nicht damals schon die Staatsanwaltschaft eingeschaltet habe. Das Mädchen erinnert sich im Film von Eva Müller freilich anders an die Begegnung: »Die wollten das sehr detailliert haben, das war schon nicht einfach.« Und: »Die haben das auch ziemlich runtergeschraubt, dass das doch gar nicht so schlimm war, und dass es anderen schlimmer erging.« Pater R. habe sich, als sie als damals 11-Jährige im Bett gelegen habe, auf sie gelegt, sie geküsst und berührt, erzählt die inzwischen junge Frau im Film. Kein Hinweis auf Missbrauch?
Zudem war Pater R. kein unbeschriebenes Blatt: Wenige Wochen vor dem Gespräch mit dem Mädchen war bekannt geworden, dass er einer der Haupttäter im jahrelangen Missbrauch am Canisius-Kolleg in Berlin war. So musste man im Hildesheimer Generalvikariat eigentlich alarmiert sein. War man auch. Denn es wurden interne Untersuchungen zu Pater R. angestellt. Zu einer Anzeige bei der Staatsanwaltschaft entschloss sich das Bistum aber erst, als die erziehungsberechtigten Großeltern des Mädchens im November 2010 im Generalvikariat vorstellig wurden. Allerdings teilte man der Staatsanwaltschaft nicht mit, dass es sich bei R. um einen mutmaßlichen Serientäter handelt: Man sei, heißt es heute aus dem Bistum Hildesheim, »davon ausgegangen, dass die Staatsanwaltschaft im Jahr 2010 über die Anschuldigung an Pater R. informiert war.« Warum hat das Bistum das verschwiegen?