| Missbrauchskommissar Fordert Rucktritt Von Papst-vertrautem
Zeit
June 1, 2015
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-06/katholische-kirche-vatikan-missbrauch-george-pell
Der Finanzchef des Vatikans gerat unter Druck. Kardinal Pell soll einem Missbrauchsopfer Schweigegeld geboten haben. Der Beschuldigte wehrt sich gegen die Vorwurfe.
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Kurienkardinal George Pell | © Will Burgess/Reuters
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Der Druck auf den Finanzchef des Vatikans wegen eines Missbrauchsskandals wird immer gro?er. Eine Untersuchungskommission im australischen Bundesstaat Victoria lud Kurienkardinal George Pell offiziell zu einer Anhorung. In dem Verfahren geht es um Vorwurfe des Australiers David Ridsdale, im Alter von elf Jahren von seinem Onkel, dem katholischen Priester Gerald Ridsdale, missbraucht worden zu sein.
Vor der Untersuchungskommission zu den Missbrauchsfallen in der Katholischen Kirche hatte der Neffe gesagt, er habe sich im Jahr 1993 Pell anvertraut. Der Kardinal habe ihn daraufhin gefragt, welchen Geldbetrag er ihm anbieten konne, damit er die Vorwurfe fur sich behalte. Pell wird auch vorgeworfen, die Versetzung Gerald Ridsdales in verschiedene Gemeinden gefordert zu haben. Ridsdale missbrauchte uber Jahrzehnte in Ballarat mindestens 50 Jungen, bevor er 1993 zu einer Haftstrafe verurteilt wurde.
Der 73-jahrige Pell bestreitet alle Vorwurfe. Er ist seit Februar 2014 Prafekt des vatikanischen Wirtschaftssekretariates und damit eine Art Finanzminister des Vatikans. Zudem gehort er der von Papst Franziskus eingesetzten Kardinalskommission fur eine Reform der Romischen Kurie an.
Peter Saunders, der von Papst Franziskus vor einem halben Jahr als Kommissar fur den Schutz von Kindern eingesetzt worden war, forderte den Rucktritt Pells. Der Kardinal habe im Umgang mit Missbrauchsvorwurfen "gefuhllos, kaltherzig, fast soziopathisch" gehandelt, sagte Saunders dem australischen Sender Channel Nine. Er sei ein "massiver, massiver Dorn in der Seite des Pontifikats von Papst Franziskus, wenn ihm zu bleiben erlaubt wird". Pell musse zurucktreten, in Australien aussagen und der Papst musse entschieden gegen ihn vorgehen.
Der Sprecher des Papstes sagte, Saunders spreche in seinem eigenen Namen und nicht fur die gesamte Kommission. Pell habe immer die Fragen der australischen Justiz "eingehend" beantwortet, sagte Federico Lombardi.
Ein Sprecher Pells nannte die Anschuldigungen "falsch und irrefuhrend". Saunders habe sich sein Urteil gebildet, "ohne jemals mit Seiner Eminenz gesprochen zu haben". Pell sei als Erzbischof von Anfang an "energisch gegen sexuellen Missbrauch von Kindern vorgegangen" und habe eine unabhangige Untersuchung ermoglicht. Pell erwage juristische Schritte gegen Saunders. "Die falschen und irrefuhrenden Behauptungen gegen Seine Eminenz sind unerhort", hie? es.
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