Ein Jahr und zehn Monate auf Bewährung für Pater
By Irene Esmann
BR
March 11, 2015
http://www.br.de/nachrichten/oberbayern/inhalt/ettal-missbrauch-prozess-plaedoyers-urteil-100.html
[with video]
[The priest accusted of abusing minors at Ettal monastery has been sentenced to a suspended one year and ten months on probation but agreed to compensation.]
Im Missbrauchs-Prozess von Ettal ist der angeklagte Pater zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt worden. Außerdem muss der Pater als Auflage eine ambulante Sexualtherapie machen. Irene Esmann berichtet:
Mit dem Urteil blieb das Gericht, wie erwartet, am unteren Ende des zuvor zwischen den Beteiligten ausgehandelten Rahmens, wenn auch nicht ganz. Die Absprache hatte dem Angeklagten eine Strafe zwischen einem Jahr und neun Monaten und zwei Jahren in Aussicht gestellt. Nun lautet das Urteil also ein Jahr und zehn Monate, ausgesetzt zur Bewährung.
Richter ordnet Therapie an
Als strafmildernd habe das Gericht laut Urteilsbegründung das Geständnis des inzwischen 45 Jahre alten Paters gewertet, außerdem das drohende kirchenrechtliche Verfahren. Auch die Tatsache, dass die Opfer weder körperliche noch seelische Schäden erlitten hätten, wurde berücksichtigt. Vor dem Urteil hatte sich der Angeklagte zu einer Anerkennungszahlung an eines der Opfer, das als Nebenkläger aufgetreten war, bereit erklärt. Als Auflagen benannte der Richter, der Pater müsse nun eine ambulante Sexualtherapie absolvieren, und er dürfe sich in den kommenden vier Jahren nicht strafbar machen.
Kloster zeigt sich bedrückt
Das Kloster Ettal hat sich in einer ersten Stellungnahme bedrückt gezeigt. Abt Barnabas sprach allen Opfern sein Mitgefühl dafür aus, dass sie "durch die Unehrlichkeit des Paters G. solange auf ein Urteil waren mussten." Auch im Kloster bliebe eine große und tiefe Verbitterung, denn letztlich wären auch sie 10 Jahre lang bewusst und vorsätzlich belogen worden.
"Ob das Strafmaß des Urteils unserem Gerechtigkeitsempfinden entspricht, das kann man in der Tat bezweifeln."
Abt Barnabas
Das Kloster Ettal hat nun angekündigt, die notwendigen kirchenrechtlichen Schritte einzuleiten und das kirchliche Strafverfahren zu eröffnen.
Opferverein kritisiert Urteil
Der Verein Ettaler Misshandlungs- und Missbrauchsopfer hat das Urteil gegen den Pater kritisiert. Alle Erzieher und Leitenden, die Kinder und Jugendliche betreuten, bräuchten ein klares Signal, dass Übergriffe unter keinen Umständen toleriert würden.
"Wir sind der Meinung, dass eine Strafe auf Bewährung keine Strafe ist."
Verein Ettaler Misshandlung- und Missbrauchsopfer in einer Erklärung
Im Kloster Ettal und seinem Gymnasium sind Jahrzehnte lang Schüler von Benediktiner-Patern sexuell missbraucht worden. Ein Sonderermittler arbeitete die Demütigungen von Schülern auf. Die meisten Fälle waren aber bereits verjährt.
Aufarbeitung
Das Kloster entschädigte inzwischen 70 Opfer mit insgesamt 700.000 Euro. Der Mindestbetrag lag bei 5.000 Euro, in Einzelfällen wurden bis zu 20.000 Euro gezahlt. Die Folgen für das ehemalige Eliteinternat sind seit Bekanntwerden der Vorfälle gravierend. In diesem Schuljahr ist kein einziger Schüler für das Internat angemeldet worden, zwei fünfte Klassen wurden mit Heimfahrkindern gebildet. Nun soll ein "Ort des Gedenkens" für Missbrauchsopfer geschaffen werden. Erste Entwürfe liegen bereits vor.
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