Zimmermanns Vorgänger Klaus Mertes hatte die sexuellen Übergriffe mehrerer Patres, die bis in die 80er Jahre geschahen, vor fünf Jahren öffentlich eingeräumt. Damit löste er eine Welle weiterer Enthüllungen in kirchlichen Einrichtungen, aber auch an der reformorientierten "Odenwaldschule" und anderen Einrichtungen aus. Sexueller Missbrauch ist seither ein Dauerthema in Politik und Gesellschaft.

Im Alltag der rund 800 Kinder und Jugendlichen am Canisius-Kolleg ist das allerdings nicht so. "Da war doch so ein Medien-Hype", erinnert sich eine 16-jährige Schülerin eher belustigt. Fünf Jahre sind lange her für einen Teenager, der sich mit Notenstress und Beziehungsknatsch herumschlägt. Für die Canisius-Pädagogen hat die Zeit dagegen nicht gereicht, um einen Verhaltenskodex für haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter zu beschließen.

"Wird derzeit noch erarbeitet", heißt es im Präventionskonzept, das auf der Internetseite des Gymnasiums abrufbar ist. Ein Entwurf liegt aber bereits vor, wie Zimmermann betont, der im Auftrag der Jesuiten an der Spitze des Canisius-Kollegs steht. Es ist nach seinen Worten manchmal nicht leicht, festzuschreiben, bei welchem Witz oder welcher Berührung Lehrer Grenzen verletzen. Für die Pädagogen des Gymnasiums ist das "Trauma" durchaus präsent, auch wenn nur noch wenige bereits in der Zeit der Missbrauchsfälle hier unterrichteten.

"Würde" und "Selbstbestimmung" als Leitmotive

In aller Detailfülle in Kraft gesetzt sind jedoch die anderen Bereiche des Konzepts. Es führt unter anderem Schülerrechte und Schülerpflichten auf, schreibt besondere "Informationstage" für die fünften und achten Klassen vor und benennt Missbrauch als Thema auch des Religions- und Biologieunterrichts. Zugleich hat das Konzept auch Drogen und Mobbing im Blick.