Zeuge spricht von Streicheleinheiten und Küssen
BR
February 16, 2015
http://www.br.de/nachrichten/oberbayern/inhalt/missbrauch-ettal-moench-prozess-100.html
[with video]
Der Zeuge schilderte eine Situation aus dem Schuljahr 2004/2005, bei der ihm der wegen sexuellen Missbrauchs angeklagte Pater laut Aussage in die Hose griff und ihn an der Leiste streichelte.
"Es war auf jeden Fall unter der Unterhose."
Zeuge vor Gericht
Der inzwischen 22-Jährige berichtete auch von Streicheleinheiten des Präfekten, von Küssen "im Gesichtsbereich" und von einigen Situationen, in denen er bei dem Pater auf dem Schoß gesessen sei. Außerdem schilderte er eine Übernachtung in einem Matratzenlager auf einer Hütte, bei der er in der Nacht aufgewacht sei und gemerkt habe, dass der Pater ihn von hinten umarmt.
Dennoch betonte der ehemalige Internatsschüler, dass er sich durch diese Vorfälle "überhaupt nicht beeinträchtigt oder belastet" fühle und er immer gut mit Pater Georg ausgekommen sei. Der Präfekt "ist sehr einfühlsam gewesen und hat sich sehr um mich gekümmert", betonte der Zeuge, der in seiner Internatszeit von starkem Heimweh geplagt wurde.
Auch erster Zeuge belastet den Pater
Zu Beginn des Verhandlungstages am Freitag (13.02.15) war zuerst die Vernehmung des ersten Zeugen fortgesetzt worden, unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Die Glaubwürdigkeit des 27-jährigen ehemaligen Ettaler Schülers ist wohl entscheidend für den Fortgang des Prozesses. Der junge Mann war als einer der Hauptbelastungszeugen an insgesamt zwei Verhandlungstagen mehr als zehn Stunden vernommen worden. Eine Gerichtssprecherin bestätigte, dass der Zeuge alle Vorwürfe der Anklageschrift bekräftigt habe. Demnach habe der Angeklagte ihn 2001 mehrmals im Genitalbereich befummelt. Der Zeuge wurde vereidigt, auf seinen ausdrücklichen Wunsch ohne religiöse Beteuerung.
Selbstbewusster Pater im Prozess
Am ersten Verhandlungstag vor gut drei Wochen hatte der angeklagte Benediktiner-Pater eine detailliert ausgearbeitete Erklärung vorgelesen und sich ausführlich zu seiner Vergangenheit am Kloster und den täglichen Abläufen mit seinen Schülern geäußert.
Selbstbewusst und strukturiert hatte der Pater dabei gewirkt. Lediglich die Nachfragen eines Gerichtsgutachters, beispielsweise nach seinen Eltern, hatten den 44-Jährigen spürbar verunsichert. Als er sich zu seiner sexuellen Orientierung erklären sollte, wurde auf Antrag der Verteidigung kurzfristig die Öffentlichkeit vom Prozess ausgeschlossen.
Pater weist Vorwürfe zurück
Der Benediktiner ging darauf ein, inwieweit er für die Schüler verfügbar gewesen sei - auch auf seinem Zimmer. Der Pater beteuerte dabei seine Unschuld:
"Alle mir zur Last gelegten Vorwürfe sind unzutreffend."
Der Angeklagte
Der 44-Jährige räumte vor der Jugendkammer lediglich ein, Schüler an Bauch und Rücken gestreichelt zu haben. Sein Verhalten sei pädagogisch unprofessionell gewesen, sagte der Angeklagte:
"Ich habe es in vielen Fällen an der notwendigen Distanz zu Schülern fehlen lassen. (...) Zu keinem Zeitpunkt aber habe ich mich Schülern in sexuell motivierter Absicht genähert. (...) Ich war in dieser Zeit Vater- und Mutterersatz."
Der Angeklagte
Sachverständige prüfen Glaubwürdigkeit
Bereits im November 2010 hatte die Münchner Staatsanwaltschaft gegen den ehemaligen Lehrer des Ettaler Gymnasiums Klage eingereicht. Die Anklagebehörde wirft dem Pater vor, sich zwischen 2001 und 2005 in insgesamt 24 Fällen an zwei Buben vergangen zu haben und es in zwei weiteren Fällen versucht zu haben. Beim Prozess sind vier Sachverständige anwesend. Sie sollen die Glaubwürdigkeit der Zeugen und des Angeklagten begutachten.
Die meisten Fälle sind verjährt
Im Kloster Ettal und seinem Gymnasium sind Jahrzehnte lang Schüler von Benediktiner-Patern sexuell missbraucht worden. Ein Sonderermittler arbeitete die Demütigungen von Schülern auf. Die meisten Fälle waren aber bereits verjährt, die wenigen strafrechtlich noch relevanten Fälle von sexuellem Missbrauch nahm sich die Münchner Staatsanwaltschaft vor.
Das Kloster entschädigte inzwischen 70 Opfer mit insgesamt 700.000 Euro. Der Mindestbetrag lag bei 5.000 Euro, in Einzelfällen wurden bis zu 20.000 Euro gezahlt. Die Folgen für das ehemalige Eliteinternat sind seit Bekanntwerden der Vorfälle gravierend. In diesem Schuljahr ist kein einziger Schüler für das Internat angemeldet worden, zwei fünfte Klassen wurden mit Heimfahrkindern gebildet. Nun soll ein "Ort des Gedenkens" für Missbrauchsopfer geschaffen werden. Erste Entwürfe liegen bereits vor.
Missbrauch in der katholischen Kirche
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