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Sexuelle Gewalt Gegen Kinder in Der Kirche (teil 1)

The Pressetext
November 24, 2014

http://www.pressetext.com/news/20141124006

Sissi Kammerlander berichtet aus Osterreich: Missbrauch in einem katholischen Internat

Wien (pts006/24.11.2014/10:00) - Sissi Kammerlander vom Verein VICTIMS MISSION klart in einer mehrteiligen Serie uber sexuelle Missbrauchsfalle in Osterreich auf. Dieser erste Teil handelt von Jurgen.

"Mit dem Argument, Jurgen musse fur seine unbefriedigende sportliche Leistung (...) 'bestraft' werden, verubte Pater P. regelma?ig orale Penetration an ihm. Die Ubergriffe fanden in der Dusche, nach dem Sportunterricht sowie auch im Schlafraum der Kinder statt. Pater P. penetrierte Jurgen jedes Mal oral, bis er schlie?lich in seinen Rachen und die Mundhohle ejakulierte." Dies ist ein Zitat aus dem Klagsentwurf wegen Schadenersatz-Anspruchen gegen den Deutschen Orden der Salesianer als seinerzeitigem Internatsbetreiber.

Kehlkopfkrebs mit 21 Jahren

Jurgen ist funfzig Jahre alt. Er lebt heute zuruckgezogen als Invaliditatspensionist in Osterreich. Sein Kehlkopf sowie seine Stimmbander mussten teilweise entfernt werden, ihm wurde Kehlkopfkrebs im Alter von 21 Jahren diagnostiziert. Jeder Versuch zu sprechen, erinnert ihn schmerzvoll an jene Erlebnisse in seiner Kindheit, die sein Leben ruinierten. Das durch schwere Misshandlungen im Kindesalter verursachte psychische Trauma fuhrte bei Jurgen zum Krebsbefall jenes Korperteils, der den Ubergriffen ausgeliefert war.

Der klinisch-psychologische Kurzbericht vom 28.12. 2011 fur die Unabhangige Opferschutzanwaltschaft Wien (Klasnic-Kommission) sagt uber diesen Fall aus: "Der damalige behandelnde Arzt (...) vermutete eine psychische Komponente fur die so fruhe Erkrankung an dieser Krebsart. (...) 2005 war der Krebs erneut da, das rechte Stimmband wurde entfernt, eine Kanule gesetzt, durch eine Pep-Sonde ein Nerv beschadigt. 2007 wurde die Ehe geschieden, 2008 mussten alle Zahne entfernt werden."

Jurgen: "Beide Erzieher gingen au?erst brutal vor"

Jurgen berichtet: "Ich war von 1974 bis 1978 Schuler im Internat L. und im Gymnasium in D. 1976 bis 1978 wurde ich Opfer regelma?iger korperlicher und sexueller Gewalt zweier Patres, B. und P., die in der Schule unterrichteten. Im Alter von 9 bis 12 Jahren wurde ich regelma?ig oral vergewaltigt. Weitere sexuelle Ubergriffe sowie Schlage musste ich uber mich ergehen lassen. Wahrend 'privater Nachhilfestunden' musste ich auf dem Scho? des Rektors, Pater B., sitzen. Unter seinem Talar war er nackt. Er zwang mich zum Oralsex und ejakulierte in meinen Mund. Beide Erzieher gingen au?erst brutal vor und meiner Meinung nach deckten sie sich gegenseitig. So sah ich als Neunjahriger einfach keinerlei Moglichkeit, dass mir irgend jemand glauben wurde. Die Verletzungen, meist Hamatome, verursacht durch Hiebe des Pater B., wenn ich mich widersetzte, wurden dem Schularzt und den Eltern gegenuber als Sportverletzungen ausgegeben."

2011: Die Nachricht, dass einer der beiden Tater, namlich Pater P., noch als Pfarrer tatig ist, trifft Jurgen wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Er fuhlt sich verpflichtet, den Fall zu melden und wendet sich an die Klasnic-Kommission. Dort wird er 2011 als Opfer anerkannt und erhalt eine Gestezahlung.

Der psychologische Kurzbericht vom 28.12. 2011 kommt zum Schluss: "Aus klinisch-psychologischer Sicht wird ein kausaler Zusammenhang zwischen den beschriebenen Ereignissen und den dargestellten Folgen hergestellt."

Orden sieht Anspruche als verjahrt an

In einem Brief reagiert der Rechtsanwalts des Ordens am 2.1. 2013 wie folgt: "Die Ansicht Ihres Klienten ist unzutreffend, dass seitens meiner Mandantschaft (der Orden) ein Anerkenntnis abgegeben wurde, geschweige denn ein konstitutives Anerkenntnis. Meine Mandantschaft steht daher nach wie vor auf dem Standpunkt, dass allfallige Anspruche Ihres Klienten - soferne sie uberhaupt bestehen - verjahrt sind." Auch in einem weiteren Schreiben versucht die Gegenseite, Tatsachen aufzuweichen, die Situation zu verharmlosen und dadurch die Anspruche abzuwehren.

2014: Die letzte bekannte Wirkungsstatte des Pater P. fallt in die Diozese Essen, deren Vorsitzender Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck ist. Bischof Overbeck wurde kurzlich mit dem Klagsentwurf Jurgens gegen Pater P. sowie den Orden konfrontiert. Jurgens Rechtsvertreterin ist Mag. Dr. Vera M. Weld, Rechtsanwaltin in Wien/Osterreich.

Welche Gesetzgebung wird in diesem Fall angewandt? Das kanonische Recht? Das austro-vatikanische Konkordat? Die weltlichen Strafgesetze? Die Rechtslage ist aktuell unklar.

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