Menschen bei Maischberger: Zu Gast waren Gary Lukas Albrecht, Sabine Riede, Christian Reip, Joachim Huessner und Doris Wagner
In deutschen Buchhandlungen machen Esoterikbücher einen Großteil des Umsatzes aus und auch spirituelle Gemeinschaften haben immer größeren Zulauf. Doch anstelle der Glücksversprechen gibt es oftmals Kontrolle, Psychotricks und körperliche Gewalt.
Wenn die Gemeinschaft sich als Sekte entpuppt, sind die Angehörigen zumeist machtlos. Kritische Fragen sind tabu. Warum haben Sekten mit ihrem häufig eher schlichten Weltbild dennoch einen so großen Zulauf?
„Wenn Glauben gefährlich wird: Die Macht der Sekten“, lautete das Thema bei Sandra Maischberger am Dienstagabend in der ARD.
Das war der Talkshow-Dienstag im TV:
► Die Gäste
• Doris Wagner, die ehemalige Ordensschwester wurde von einem Priester sexuell missbraucht
• Christian Reip, erlebte eine Kindheit bei der christlichen Sekte „Zwölf Stämme“
• Joachim Huessner, verlor seine Frau an einen Guru
• Sabine Riede, Geschäftsführerin von Sekteninfo NRW
• Gary Lukas Albrecht, Pfarrer und Sektenbeauftragter
Auch Michael Langhans, Rechtsanwalt der „Zwölf Stämme“ war eingeladen worden, zog jedoch seine Zusage wieder zurück.
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► Darum ging’s
Mit welchen Versprechen locken Sekten ihre Mitglieder in die Gemeinschaft? Welche Rolle spielt die Bibel? Und wie schaffen es Sektenführer, ihre Gläubigen in ein Abhängigkeitsverhältnis zu drängen?
► Da ging’s zur Sache
Bedrückende Schicksale bei Maischberger. Ehemalige Sektenmitglieder erzählen von Misshandlungen und der zerstörten Kindheit.
Doris Wagner ist erst 15, als sie einer kleinen katholischen Ordensgemeinschaft beitritt. Sie will „Braut Christi“ werden, unterwirft sich dem Zölibat, zieht in ein Kloster nach Österreich, bald auch nach Rom.
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Doch der Orden ist eine Sekte, die Mitglieder werden manipuliert und unter Druck gesetzt: Briefe an ihre Eltern werden gelesen und bei zu kritischem Inhalt zur Überarbeitung zurückgegeben. „Der Druck war so groß, ich habe die Briefe freiwillig vorgelegt.“
Wer sich nicht an die Regeln hält, wird ermahnt, später mit Missachtung bestraft. Als sich ihr ein Priester körperlich nähert, sucht sie das Gespräch mit einer Ordensschwester. „Ich würde ihn verführen, ihn in Gefahr bringen, sein Zölibat zu brechen“, habe sie die Schwester angeschrien, sagt Wagner. Später kommt der Priester in ihr Zimmer, vergewaltigt die junge Frau. Vor Gericht sagt man ihr, dass es „ohne Gewalt auch keine Vergewaltigung“ gebe, der Fall wird zu den Akten gelegt. Der Priester wird lediglich an einen anderen Ort versetzt. Zuerst ist sie zu apathisch, um auszusteigen, sieht „draußen keine Perspektive“. 2011 schafft sie endlich den Ausstieg.
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Auch Christian Reip ist ein Aussteiger. Er wächst zusammen mit vielen anderen Kindern und Familien in der christlichen Sekte „Zwölf Stämme“ auf, wird täglich von seinen Eltern im Namen der Bibel verprügelt. „Es ist kein Tag ohne Schläge vergangen.“ Reip ist gebrochen, wirkt in der Sendung verbittert. „Im Moment geht es mir gut, aber bin eigentlich eher labil.“
Reip erzählt, wie er für jede Kleinigkeit im Keller der Gemeinschaftsanlage gezüchtigt wurde. „Es gab keinen wirklichen Anlass.“ Aber jeder habe jeden bespitzelt und verpfiffen, „es war schlimmer als in der DDR.“
Maischberger will wissen, ob die Eltern die Kinder nicht hätten schützen können.
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„Ich weiß nicht, ob sie das überhaupt wollten“, sagt Reip. Sie hätten es aber auch nicht gekonnt, denn wer nicht mitzieht, wird auf Versammlungen gedemütigt. „Die Eltern flehten einmal darum, dableiben zu dürfen.“
Seine Zukunft sieht er selbst düster: Hier draußen, in der echten Welt, bin ich nichts, ich habe keinen Halt.
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► Fazit
Die krassen Einzelschicksale machen betroffen. Leider sagte der Anwalt der Sekte „Zwölf Stämme“ im letzten Moment seine Teilnahme ab, die Hintergründe von Einrichtungen dieser Art bleiben unklar.