| Schweiz Muss Pado-priester 14'400 Fr Zahlen
Blick
October 28, 2014
http://www.blick.ch/news/schweiz/menschenrechtsgerichtshof-entscheidet-schweiz-muss-paedo-priester-14400-fr-zahlen-id3229948.html
Die Schweiz hat im Falle eines katholischen Priesters, der des sexuellen Missbrauchs von Abhangigen verdachtigt war, das Recht auf ein faires Verfahren nach Europaischer Menschenrechtskonvention verletzt. Sie muss dem Priester 14'400 Franken Schmerzensgeld zahlen.
Zudem muss die Schweiz einen Teil der Verfahrenskosten in Hohe von 18'000 Franken ubernehmen. Dies hat der Menschenrechtsgerichtshof in Strassburg entschieden.
Der Priester war Anfang 2008 vom damaligen Offizial des Bistums Lausanne-Genf-Freiburg wegen Verdachts auf Padophilie bei der Genfer Justiz angezeigt worden. Dabei ging es um Hinweise, wonach zwei Personen von einem Angehorigen der Kirche sexuell missbraucht worden waren.
Die Untersuchungen leitete der Genfer Generalstaatsanwalt Daniel Zappelli. Der Priester wurde der sexuellen Notigung, der Vergewaltigung und sexueller Handlungen mit Abhangigen verdachtigt.
Die Untersuchungsbehorden waren im Besitz der Aussagen der zwei angeblichen Opfer, wie dem Urteil des Menschenrechtsgerichtshofs vom Dienstag zu entnehmen ist. Der Priester bestritt die Vorwurfe wiederholt, bestatigte sie dann aber bei einer Einvernahme ohne seinen Anwalt, um das Gestandnis zwei Tage spater wieder zuruckzuziehen.
Da die dem Priester vorgeworfenen Handlungen verjahrt waren, wurde das Verfahren eingestellt. In der Einstellungsverfugung hielt der Staatsanwalt fest, dass der Priester die Not der Opfer missbraucht habe, dass er «schamlos» von deren Abhangigkeit profitiert und die ihm vorgeworfenen Taten begangen habe.
Die Einstellungsverfugung und Anschuldigungen wurden von den Medien aufgegriffen. Zudem wurden sie wiederholt im kircheninternen Verfahren gegen den Priester zitiert. 2011 wurde der Mann nach Kirchenrecht verurteilt. Das Urteil wurde 2013 durch die Kongregation, in welcher er Mitglied war, aufgehoben. Zuvor hatte das Arbeitsgericht die katholische Kirche zu einer Genugtuungszahlung von einem Franken verurteilt.
Der Priester hatte seit der Einstellungsverfugung gerichtlich eine redigierte Version derselben verlangt und begrundete dies mit der Unschuldsvermutung, die bis zu einer Verurteilung gelte. Doch auch das Bundesgericht lehnte seine Beschwerde ab. Um eine Verjahrung festzustellen, mussten die moglichen strafrechtlichen Vergehen abgeklart werden, hielt das Bundesgericht 2009 fest. Die Verfugung enthalte nichts, was uber die Begrundung der Einstellung des Verfahrens gehe.
Wegen Verletzung des Absatzes zwei, der Unschuldsvermutung «bis zum gesetzlichen Beweis der Schuld», von Artikel sechs der Europaischen Menschenrechtskonvention gelangte der Priester schliesslich nach Strassburg.
Der Gerichtshof hielt in seinem Urteil fest, dass das Recht auf die Unschuldsvermutung verletzt sei, wenn eine offizielle Erklarung das Gefuhl wiedergebe, dass ein Beschuldigter schuldig sei, ohne dass seine Schuld vorab rechtlich bewiesen wurde. Hingegen sei der Beschrieb von Verdachtsmomenten zulassig.
Es bestehe ein fundamentaler Unterschied zwischen der Feststellung, dass jemand verdachtigt werde und der Feststellung, das jemand die Taten begangen habe, wenn keine Verurteilung vorliege. Die Formulierungen in der Verfugung des Genfer Staatsanwalts liessen keine Zweifel an dessen Meinung offen. Die Veroffentlichung der Einstellungsverfugung in dieser Form habe dem Ruf des Mannes geschadet.
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