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Die Macht Der Medien

By Lukas Plewnia
HPD
October 9, 2014

https://hpd.de/artikel/10010



WARSCHAU. (hpd) Durch eine intelligente Strategie schaffen Medien Offentlichkeit und uben gro?en Druck auf die polnische Regierung aus. Beispielhaft dafur steht der aktuelle Fall eines mutma?lich padophilen Priesters. Doch der Kampf ist langst noch nicht gewonnen.

Es ist die wohl machtigste Institution in Polen, die Einfluss auf Sitten und Gebrauche sowie auf Einstellungen und die Gesetzgebung ausubt: die Kirche. In Landern des “alten Europa” wie Deutschland wird ihre Bedeutung fur das Land jenseits von Oder und Nei?e oft unterschatzt. Kaum denkbar erscheint, dass rund 40 Prozent der Glaubigen regelma?ig den Gottesdienst besuchen, wie Zahlen des polnischen Institutes fur Statistik der Katholischen Kirche SAC (ISKK) von Anfang Juli dieses Jahres nahelegen.

Auch wenn der Eindruck entsteht, dass die Kirchenstatistik leicht erhoht sein konnten und zudem die Besucherzahlen in katholischen Bethausern seit Jahrzehnten stetig sinken, ist die polnische Realitat kam mit der deutschen zu vergleichen, wo nur ein Bruchteil der sowieso schon kleinen Anzahl an katholischen Gemeindemitgliedern regelma?ig die Kirche aufsucht.

Gegenspieler der Kirche

Doch neben der Kirche haben auch die Medien betrachtlichen Einfluss auf die Gesellschaft, den schon die kommunistischen Machthaber fur sich zu nutzen wussten. Auch Kirchenpater Tadeusz Rydzyk ist mit seinem Medienimperium seit vielen Jahren an der Informations- und Indoktrinationsfront dabei. Neu ist jedoch die sich wandelnde Funktion von Teile der Medien, die sich als Gegenspieler zur machtigen Kirche etablieren konnten und immer starkeren Einfluss auf die Offentlichkeit und somit auch auf die Regierung erhalten. Dabei sind die Medien unabhangig von direktem Staatseinfluss, im Gegensatz zu Zeiten der Volksrepublik Polen.

Deutlich wird der Wandel der medialen Offentlichkeit in Medienberichten von Anfang dieses Monats. Die Abendnachrichten von tvn, einer der gro?ten TV-Sender in Polen, berichteten von einem Priester, der uber viele Jahre kleine Madchen belastigt haben soll. Zum Beispiel soll der Vertreter Gottes auf Erden den neun bis dreizehn Jahre alten Madchen befohlen haben, sich auszuziehen und ihm den Unterleib zu zeigen. Er soll auch mit Madchen am Sandstrand gespielt und sie dabei an intimen Stellen beruhrt haben, so Aussagen der Opfer und ihrer Angehorigen.

Soweit nichts Ungewohnliches – die Offentlichkeit in nahezu jedem katholisch gepragten Land hat sich mittlerweile an solche Berichte gewohnt. Und dass die Kirche bei neuen Anschuldigungen den Priester versetzt und ansonsten bestenfalls untatig zusieht, aber in Wirklichkeit vertuschte, wo es nur geht, ist so banal, dass es dafur keiner Berichte bedarf. Schlie?lich wird hier auch kein Gebot oder Sakrament verletzt. Das ist auch einer der Grunde, warum Ehebrechenden der Leib Gottes als bekommliche Oblate vorenthalten wird, er von Kinderschandern aber ohne weiteres gegessen, ja sogar gesegnet werden kann.

Erstaunlich ist in diesem Fall der mutma?lichen Padophilie die Reaktion der Staatsanwaltschaft, die nach anfanglichen Ermittlungen vor zwei Jahren das Verfahren gegen den Priester einstellte. Die Anschuldigungen seien zwar glaubhaft und wurden zudem gegen moralische Ma?stabe versto?en, die sich in der Bevolkerung etabliert haben, doch liege kein Rechtsversto? vor, so ein Vertreter der Staatsanwaltschaft in Olsztyn (Nordosten Polens) gegenuber tvn.

Das letzte Wort war da aber noch nicht gesprochen. Der Medienbericht loste offensichtlich betrachtliche Aufruhe in der Regierung aus. Denn schon tags darauf bekraftigte Generalstaatsanwalt Andrzej Seremet, die Einstellung des Verfahrens sei verfruht gewesen, es werde wieder aufgenommen und die Anschuldigungen abermals in Bezug auf den Vorwurf der Padophilie gepruft.

Der Geistliche ist sich indes keiner Schuld bewusst und verweist auf die fruhere Einstellung des Verfahrens. In der aktuellen Gemeinde scheint sich zudem keine Emporung gegenuber dem angeschlagenen Hirten zu formieren. Vielmehr werben einige Gemeindemitglieder, man moge dem Priester doch eine Chance geben.

Intelligente Medienstrategie

Die Macht der Medien zeigt sich nicht nur in der schleichenden Laizisierung der polnischen Gesellschaft. Der Wandel kann auch auf die intelligente Medienstrategie zuruckgefuhrt werden, die den Einfluss der Kirche auf das Privatleben einschranken will. Dabei steht nicht die grundsatzliche Kritik der gesamten Kirche, ihrer Dogmen sowie ihrer Einstellungen im Vordergrund. Es ist eher eine Strategie der Nadelstiche, bei der Verfehlungen von einzelnen Geistlichen und ihrer Vorgesetzten beschrieben werden und die Kirche somit als Ganzes Schaden nimmt. Und indem andere Geistliche, bekannte Personlichkeiten und Wissenschaftler zu Wort kommen, die das Vorgehen in konkreten Fallen kritisieren, wird Unruhe in der Kirche erzeugt. Ferner wirkt als Katalysator die Versammlung alter Manner, die als Bischofskonferenz bezeichnet wird, und die bestenfalls warme Worte fur die Opfer ubrig hat.

Damit taumelt der angeschlagene Riese immer starker. Der Gottesglaube verlagert sich ins Private und wird von der Institution Kirche entkoppelt. Ubrig bleibt ein selbstgemachter Glaube, den die Kirche ablehnt. Doch der Kampf gegen den starken Einfluss der Kirche auf die Gesellschaft sowie auf die Legislative und den Vollzug von Gesetzen ist noch langst nicht gewonnen. So sieht man auch am Fall des oben genannten Priesters, wo die Ermittlungen wiederaufgenommen wurden. Entschieden ist noch langst nicht, ob der Kirchenmann auch verurteilt wird. Genauso wahrscheinlich ist, dass das Verfahren erneut eingestellt wird, wenn die Medien wieder andere Themen auf der Agenda haben.

 

 

 

 

 




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