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Verhaftungen Im Vatikan

Stuttgarter Nachrichten
September 30, 2014

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Papst Franziskus setzt seine energische Gangart gegen Vorwurfe des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche fort.Foto: dpa

Der Papst macht ernst im Kampf gegen Padophilie: Ein Kardinal und mehrere Bischofe werden des Kindesmissbrauchs angeklagt. Die vatikanische Justiz ermittelt auch in anderen Landern.

Rom - In dieser Woche hat im Kirchenstaat eine neue Zeit begonnen. Papst Franziskus hat auf Missbrauchsvorwurfe reagiert und den Bischof der Diozese Ciudad del Este in Paraguay abgesetzt. Die „schwere Entscheidung“ diene dem Wohl der Kirche, teilte der Vatikan am Donnerstag unter Anspielung auf Padophilie-Vorwurfe gegen den Geistlichen mit. Vorangegangen sei eine eingehende Untersuchung der vatikanischen Bischofs- und der Kleruskongregation in der Diozese und den dortigen Priesterseminaren. Anstelle von Rogelio Ricardo Livieres Plano ernannte der Papst den bisherigen Bischof der benachbarten Diozese Villarrica del Espiritu Santo, Ricardo Jorge Valenzuela Rios, zum Apostolischen Administrator und damit geschaftsfuhrenden Bischof.

Doch das ist nicht er einzige Fall, der in dieser Woche den Vatikan erschutterte: ­Bereits am Dienstag hatte die vatikanische Justiz in einem ungewohnlichen Schritt den polnischen Erzbischof Jozef Wesolowski (66) inhaftiert, dem Kindesmissbrauch in seiner Zeit als Vatikanbotschafter in der Dominikanischen Republik angelastet wird. Die Haft wurde mit Flucht- und Verdunkelungsgefahr begrundet, aufgrund des Gesundheitszustands wurde der Geistliche unter Hausarrest im Vatikan gestellt. Der Prozess gegen den Ex-Nuntius soll spatestens im kommenden Fruhjahr beginnen. Ihm droht eine Haftstrafe von zehn oder mehr Jahren.

Gut informierte Personen aus dem Vatikan wollen erfahren haben, dass vom Papst die Weisung kam, auch in seinem Zwergstaat endlich entschieden gegen nachweislich padophile Geistliche vorzugehen – mit Hilfe der vatikanischen Justiz.

Mit jedem Tag werden neue Hintergrunde im Fall Wesolowski bekannt. Ermittler haben bei der Durchsuchung seiner Wohnung padophiles Fotomaterial gefunden. Der von Johannes Paul II. zum Erzbischof ernannte Wesolowski soll mindestens sieben Minderjahrige regelma?ig nicht nur mit Geld fur sexuelle Dienste entlohnt haben. Wie am Mittwoch aus dem Vatikan bekannt wurde, soll der Nuntius die Jungen auch mit Medikamenten bezahlt haben, die diese fur ihre nachsten Verwandten benotigten und die in Santo Domingo sehr teuer sind.

Die vatikanischen Justizbehorden ermitteln auch in anderen Landern, in denen Wesolowski als diplomatischer Reprasentant des Heiligen Stuhls arbeitete. So gehen sie auch in Bolivien, in Kasachstan und funf anderen Landern Verdachtsmomenten nach. Es wird befurchtet, dass Wesolowski in all diesen Landern Kinder missbraucht hat. Die italienische Tageszeitung „Corriere della sera“ berichtete in ihrer Donnerstagsausgabe, dass die Glaubensbehorde im Vatikan in insgesamt drei Fallen gegen hohe Geistliche ermittelt.

Neben Wesolowski auch gegen den chilenischen Bischof Marco Antonio Ordenes, dem die Glaubensbehorde bereits die Ausubung seiner Priestertatigkeit untersagte, sowie gegen den Peruaner Gabino Miranda Melgarejo, der schon im vergangenen Jahr aus seiner Diozese entfernt wurde. Im Unterschied zu Wesolowski konnen diese beiden Bischofe aber nicht von der vatikanischen Polizei belangt werden. Auf sie greift lediglich das zivile sowie das kanonische Recht. Wesolowski ist vatikanischer Staatsburger und kann somit im Kirchenstaat vor Gericht gestellt werden.

Er konnte schon in den kommenden Monaten vor Gericht gestellt werden. Auch andere Lander, in denen Wesolowski padophile Straftaten begangen haben konnte, wollen den ehemaligen Erzbischof vor Gericht stellen. Der Pole wird, wie Papstsprecher Padre Lombardi erklarte, nach dem alten Strafrecht im Fall von Padophilie verurteilt, weil die ihm zur Last gelegten Straftaten vor dem 1. September 2013 begangen wurden.

An jenem Tag veroffentlichte der Vatikan ein Papstschreiben, ein sogenanntes „motu proprio“. Nach den neuen Regeln hatte Wesolowski mit einer doppelt so hohen Haftzeit zu rechnen gehabt. Papst Franziskus, so Hans Zollner, Rektor des psychologischen Instituts der Papstuniversitat Gregoriana und Mitglied der vom argentinischen Papst gegrundeten Kommission zum Schutz von Minderjahrigen, „will keinen dieser Falle mehr verschweigen, wie das in der Vergangenheit auch der Fall war“.

Aus diesem Grund hatte sich am 12. September im Vatikan neben Erzbischof Marian Golebiewski auch ein Kardinal, Kazimierz Nycz, zu rechtfertigen. Beiden wird vorgeworfen, unterschiedliche Falle padophiler Geistlicher bewusst verschwiegen zu haben. Anscheinend, so Informationen aus dem ­Vatikan, gibt es aus Polen mehr als 100 Hinweise auf padophile Geistliche, denen die ­entsprechenden Behorden im Kirchenstaat derzeit nachgehen.

 

 

 

 

 




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