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Massengrab Gefunden - Entsetzen Uber Tote Babys in Irland

WAZ
June 13, 2014

http://www.derwesten.de/panorama/massengrab-gefunden-entsetzen-ueber-tote-babys-in-irland-id9462699.html

Tuam. In einem Massengrab im irischen Tuam wurden die Knochen von 796 Kindern gefunden. Sie kamen im katholischen Mutterheim zur Welt – und ums Leben. Weil nach katholischer Lehre unehelich geborene Kinder nicht in geweihter Erde und einem Grab beigesetzt werden durften, wurden die Leichen „entsorgt“.

Zwei spielende Kinder entdeckten das Massengrab. Sie schoben zerbrochene Betonplatten, die auf einem Rasenstuck lagen, beiseite „und dann sahen wir sie“, berichtet Barry Sweeney gegenuber dem irischen Fernsehsender RTE: „Totenschadel, einer auf dem andern, zwei, drei Meter tief. Wir sind panisch geworden und weggerannt.“

Das war vor vierzig Jahren. Damals dachte man, die Toten waren die Opfer der gro?en Hungerkatastrophe von 1845 gewesen, die hier, im westirischen Tuam, besonders schlimm gewutet hatte. Ein Priester kam, segnete die Gebeine, der Betondeckel wurde wieder zurechtgeschoben. Dann wuchs, wortwortlich, erst einmal Gras uber dem Grab.

Leichen wurden in Abwassertank entsorgt

Bis eine lokale Historikerin eine ganz andere Erklarung fur das Massengrab von Tuam prasentierte. Hier liegen, konnte Catherine Corless anhand des Totenregisters von Galway nachweisen, die Knochen von 796 Sauglingen, Babys und Kindern. Sie kamen im katholischen „St. Mary’s Mother und Baby Home“, einem Heim fur ledige Mutter, das von 1925 bis 1961 an dieser Stelle stand, zur Welt und ums Leben. Weil nach katholischer Lehre unehelich geborene Kinder nicht in geweihter Erde und einem anstandigen Grab beigesetzt werden durften, wurden die Leichen kurzerhand in einem ausgedienten Abwassertank „entsorgt“.

Schwanger und ledig: Das war im erzkatholischen Irland so gut wie ein gesellschaftliches Todesurteil. Alleinstehende Mutter galten als „gefallene Madchen’“ und wurden in katholische Heime abgeschoben. Man schatzt, dass es zwischen den Jahren 1900 und 1996 rund 35 000 Frauen waren. In Heimen, wie den sogenannten Magdalena-Waschereien, wurden sie nicht viel besser als Sklaven behandelt und oft gezwungen, ihre Kinder zur Adoption freizugeben. Genau solch ein Schicksal war Thema des kurzlich erschienenen Kino-Films „Philomena“ mit Judi Dench.

Ensetzen uber die Menschenverachtung

Die toten Babys von Tuam haben in Irland zu gro?er Emporung gefuhrt. Man ist entsetzt uber die Menschenverachtung, die sich hinter der Entsorgung der Leichen offenbart. Die Babys lediger Mutter, bedauerte Enda Kenny, der Premierminister von Irland, seien „als minderwertige Unterart erachtet worden“. Ihre Behandlung und die ihrer Mutter sei „in vielen Fallen eine Abscheulichkeit“ gewesen. Kenny kundigte eine landesweite Untersuchung der Vorgange an solchen Heimen an.

Fruher einmal war Irland das Lieblingsland aller Papste, weil die Nation so erzkatholisch war. Jetzt nicht mehr. Die Iren gehen immer mehr auf Distanz zur Kirche, weil das Massengrab von Tuam nur der letzte Fall in einer Reihe von Skandalen ist.

Die Offentlichkeit ist entsetzt uber Enthullungen, dass Kindesmissbrauch beim irischen Klerus weit verbreitet war. Zwei staatliche Kommissionen hatten die Anschuldigungen akribisch zusammengetragen. Die Richterin Yvonne Murphy, die sexuellen Missbrauch in der Diozese Dublin untersuchte, befand, dass es eine systematische Vertuschung seitens irischer Bischofe und des Vatikans gegeben habe.

Dem Klerus, so die Richterin, sei es „vorrangig um die Reputation der Kirche“ gegangen.

 

 

 

 

 




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