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Die grausige Geschichte der "Home Babies"

By Von Nora Schareika
N-TV
June 8, 2014

http://www.n-tv.de/panorama/Die-grausige-Geschichte-der-Home-Babies-article12965426.html


Auf dem Gelände des früheren Mutter-Kind-Heimes der Bons-Secours-Schwestern befindet sich ein Massengrab mit 800 Kleinkindleichen.

Bis in die 1960er-Jahre leben irische Mütter mit unehelichen Kindern wie Aussätzige in kirchlichen Heimen. Die Kinder müssen für ihre pure Existenz büßen und erreichen kaum das Schulalter. Aktivisten rollen nun die Geschichte eines Baby-Massengrabs neu auf.

Neue Enthüllungen über die teils grausige Vergangenheit der Heime für unverheiratete Mütter in Irland setzen die Regierung in Dublin unter Druck. Besonders die Geschichte eines abgelegenen Heims im Westen des Landes bewegt die Iren, nachdem lokale Medien mit Zeitzeugen gesprochen, Fotos und schockierende Details veröffentlicht haben.

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hatten Familien ihre Töchter in solche Heime abgeschoben, weil diese unverheiratet schwanger geworden waren - im erzkatholischen Irland jener Zeit eine Schande.

Die Kinder wurden aufgrund ihrer als unmoralisch geltenden Zeugung für ihre pure Existenz bestraft. Die meisten erreichten wegen Vernachlässigung und Missachtung das Schulalter nicht. In einer ehemaligen Jauchegrube bei dem Heim in dem Örtchen Tuam befinden sich die Überreste von 800 Babys und Kleinkindern aus dieser Zeit. Das Heim wurde von 1925 bis 1961 von katholischen Schwestern betrieben. Zwei Zwölfjährige hatten das Massengrab bereits im Jahr 1975 entdeckt. Seither gab es keine Aufklärung. Nun kam die Geschichte wieder an die Öffentlichkeit, weil Aktivisten die Geschichte endlich aufgearbeitet sehen wollen. In solchen Massengräbern sind vermutlich Tausende Kinder von ledigen Müttern anonym beerdigt worden.

Der irische Kinder- und Jugendminister Charlie Flanagan sah sich gezwungen, auf die neuen Berichte zu reagieren. Beamte prüften gerade, wie man mit den entsetzlichen Details am besten umgehe, sagte er. Mehrere Regierungsstellen seien daran beteiligt.

In den irischen Mutter-Kind-Heimen sollen insgesamt 35.000 ledige Mütter untergebracht worden sein. Jenes in Tuam in Westirland soll Mitte der 1940er-Jahre fast 300 Kinder beherbergt haben, zitiert das US-Portal "Irish Central" aus einem örtlichen Gesundheitsbericht von 1944. Die Zustände dort müssen katastrophal gewesen sein. Demnach hatten die Heim-Kinder aufgeblasene Hungerbäuche, die Haut soll lose um die Gliedmaßen gehangen haben. Sie waren mangelernährt und zeigten kaum emotionale Regungen.

Zwei tote Kinder pro Woche

Anderen Berichten zufolge starb in den fast 36 Jahren, die das Heim betrieben wurde, im Schnitt alle 14 Tage ein Kind. Zwischen 1943 bis 1946 sollen es sogar 300 gewesen sein, was zwei tote Kinder pro Woche bedeuten würde. Sie starben entweder direkt nach der Geburt oder später an den Folgen von Hunger und Krankheiten wie Masern oder Tuberkulose. Die Säuglingssterblichkeit in den Heimen war viermal so hoch wie im Rest des Landes.

Historiker und Aktivisten verlangen seit Jahren, dass die Akten über die Mutter-Kind-Heime veröffentlicht und die Ereignisse untersucht werden. Eine Historikerin aus Tuam, mit dem das in den USA ansässige Magazin "Irish Central" gesprochen hat, berichtet von ihren privaten Nachforschungen zu den Toten aus dem Heim, das "The Home" genannt wurde.

Aus Daten des Einwohnermeldeamtes der nächstgelegenen Stadt Galway geht demnach hervor, dass allein in dem Heim von Tuam 796 verstorbene Kinder namentlich registriert wurden. Sie wurden dennoch anonym in das Massengrab geworfen. Weil uneheliche Kinder in der damaligen Gesellschaft nichts galten, scherte sich keiner darum, ob sie weiterlebten oder nicht. Erreichten sie das Schulalter, wurden sie als "Home-Babies" innerhalb ihrer Klassen separiert und diskriminiert.

Wegen des öffentlichen Drucks der Aktivisten in Galway, die auch einen historischen Verein gegründet haben, erwägt die Kirche, eine Gedenkstätte zu errichten. "Viele Erkenntnisse sind zutiefst verstörend und eine schockierende Erinnerung an eine dunklere Vergangenheit in Irland, als unsere Kinder nicht so wertgeschätzt wurden, wie es hätte sein sollen", sagte Jugendminister Flanagan.




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