| Ist Die Katholische Kirche Noch Zu Retten?
Frankfurter Neue Presse
April 3, 2014
http://www.fnp.de/lokales/main-taunus-kreis/Ist-die-katholische-Kirche-noch-zu-retten;art676,794992
Die Zahl der katholischen Priester ist dramatisch zuruckgegangen – Auch Gemeindereferenten fehlen
Wie konnen Menschen fur pastorale Berufe begeistert werden? In einer Diskussionsrunde stellte sich der Florsheimer Pfarrer Sascha Jung den Fragen rund um Priestermangel, Zolibat und die Zukunft der Kirche.
Liederbach.
Dass nicht nur die Zahl der Glaubigen, sondern auch die Anzahl der Priester seit vielen Jahren kontinuierlich abnimmt, ist lange bekannt. Der Florsheimer Pfarrer Sascha Jung kann dies mit Zahlen untermauern. Drei Jahre hatte der ehemalige Domkaplan das Limburger Referat „Berufe der Kirche“ geleitet und selbst hautnah die Schwierigkeiten erlebt, Menschen fur pastorale Berufe gewinnen zu konnen. Zu harte Zulassungsbedingungen, geburtenschwache Jahrgange, Skandale und ein allgemein rucklaufiger Bezug der Gesellschaft zu Kirche und Religion macht Jung fur den Abwartstrend verantwortlich. Aber wie kann die Kirche diesen Abwartstrend stoppen? In einer kleinen Diskussionsrunde im Pfarrsaal der Gemeinde Sankt Marien hatte sich der Pfarrer kritisch mit der aktuellen Situation auseinander gesetzt und erfahren: „Der Mangel macht sich bei uns deutlich bemerkbar“, stellten Zuhorer heraus.
Nur noch 76
Jungs Vergleich zwischen 1962 und heute zeigt: Die Zahl der Priester und der Priesteranwarter ist in den vergangenen 50 Jahren dramatisch zuruckgegangen. Fur das Jahr 1962 habe die Statistik noch 557 neue katholische Priester ausgewiesen, in 2012 nur noch 76. „Auf ziemlich niedrigem Niveau“ liege auch die Zahl der Priesteranwarter, etwa beim Priesterseminar St. Georgen. Eine dustere Bilanz zog Jung auch fur die Situation der Pastoral- und Gemeindereferenten. „An der katholischen Hochschule in Mainz gibt es derzeit keine Studierenden fur diese Berufe.“
Ratlosigkeit und Resignation mache sich breit, so Jung. Denn auch die ehrgeizigen Bemuhungen der Kirche, dieser Entwicklung entgegen zu steuern, schlagen fehl. „Die Angebote floppen uberall. „Wir stehen vor Problemen und wissen nicht, wie wir es angehen konnen.“
Sascha Jung hatte selbst seinen Weg zum Priesteramt uber Umwege gefunden. Er hatte zunachst eine Ausbildung als Bankkaufmann absolviert, in seinem Beruf gearbeitet und eine Lebensgefahrtin an seiner Seite gehabt. Doch sein fruher Wunsch, Priester zu werden, hatte ihn wieder eingeholt und ihn vor die Entscheidung „Familie oder Ordensmann“ gestellt. Uber den zweiten Bildungsweg machte er sein Abitur nach, lernte Latein, Griechisch und Hebraisch, begann sein Theologie- und Philosophiestudium an der Frankfurter Jesuitenhochschule St.Georgen und wurde vom damaligen Bischof Franz Kamphaus zur papstlichen Universitat nach Rom geschickt. Drei Jahre war er anschlie?end als Domkaplan in Limburg eingesetzt, bis er am 1. September 2013 seine erste Pfarrstelle in Florsheim antrat.
Verwaltungsaufwand
Mit kritischen Bemerkungen hielt der 38-Jahrige bei der Diskussionsrunde nicht hinterm Berg. Zum Zolibat meint Jung: „Ein Priester kann auch verheiratet sein, und trotzdem die Ganzhingabe an Christus praktizieren.“ Rund 50 Prozent seiner Kollegen teilten diese Ansicht. Weitaus weniger Zustimmung soll es allerdings beim Thema „Frauen in Kirchenamtern“ geben. Auch der zunehmende Verwaltungsaufwand in immer gro?er dimensionierten Pfarreien stelle sich mehr und mehr als Hemmschuh heraus.
Die Kirche musse neue Wege gehen, appellierte Jung. „Da ist Fantasie gefragt.“ Wie diese Wege aussehen sollten, kann eine zweistundige Diskussion im Pfarrsaal der Sankt Marien Gemeinde zwar nicht klaren. Aber sie kann Anregungen geben. Die Diskussionsrunde im Pfarrsaal brachte einige Ideen hervor. Kann eine modernere Ausrichtung der Kirche, etwa durch „Profil zeigen in Facebook“ helfen? Vielleicht konnten neue Lehrberufe fur Jugendliche, 400 Euro-Jobs in der Verwaltung, Unterstutzung durch Arbeitslose und Ehrenamtliche eine Losung sein. Pfarrer Jung ist uberzeugt: Noch fehle die zundende Idee. Eine gute Ausbildung aber halt Jung fur unabdingbar. „Kirche funktioniert, wenn Zuwendung und Qualifikation da ist.“
|