Schwäbische
Zeitung: Leitartikel - Dialog fällt der Kirche schwer
Bank Kaufmann March 25, 2014 http://www.bankkaufmann.com/meldung-518812.html
Ravensburg (ots) -
Für keinen anderen Skandal in ihrer Kirche
schämen sich die deutschen Katholiken so sehr fremd wie
für den Missbrauchsskandal. Dass katholische
Priester sich an Kindern und Jugendlichen vergangen
haben, überstieg die Vorstellungskraft. Der
massenhafte Missbrauch durch Männer, die besonderes
Vertrauen genossen, dieses Vertrauen dann aber
ausnutzten und damit unermesslichen Schaden an
Kinderseelen anrichteten, zerstörte auch das
Vertrauen derer, die bis dahin treu zu ihrer Kirche standen.
Erst neulich zweifelten die Vereinten Nationen den
Willen zur Aufklärung an. Wenn nun
in einem zweiten Anlauf die wissenschaftliche
Aufarbeitung des Skandals beginnt, keimt die Hoffnung, dass
dieses Mal konkrete Ergebnisse am Ende stehen. Notwendig
sind Antworten, mit deren Hilfe Betroffene wenigstens
Erklärungen erhalten. Und zu fordern sind Hilfen,
damit die katholische Kirche erneuten Missbrauchstaten
wirksam vorbeugen kann. Viel zu viel Zeit ist schon
verstrichen, seit im Jahr 2010 die ersten Fälle ans
Tageslicht kamen und im Jahr 2013 das erste
Forschungsprojekt im Streit zwischen Forschern und
Bischöfen endete. Fragen bleiben auch
heute: Warum haben die Bischöfe nicht mit den
Betroffenen gesprochen, bevor jetzt der neue Forschungsauftrag
vergeben wurde? Warum gehen die Oberhirten nicht auf die Opfer
zu, binden sie ein? Immer wieder muss sich die Kirche
den Vorwurf gefallen lassen, dass ihr der Dialog so
schwerfiele. Bis heute warten die Missbrauchsopfer auf
eine Entschuldigung. Sicher: Die Bischöfe
haben auch die Persönlichkeitsrechte ihrer
Mitarbeiter zu wahren. Hier müssen sie sich zuweilen
schützend vor ihre Priester stellen. Hinzu kommt:
Kirchliches, gar katholisches Handeln und politisches
Agieren folgen zweierlei Maßstäben. Doch die
Kirche sollte nun mutig die Chance ergreifen, ihre
Glaubwürdigkeit zu retten und den Skandal ehrlich,
gründlich und transparent aufzuarbeiten. Sie muss
sich hier weltlichen Urteilen unterwerfen. Einen
Schlussstrich darf es nicht geben. Aber die Zeit des
Fremdschämens könnte enden.
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