Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, hat der katholischen Kirche ein großes Engagement bei der Präventionsarbeit im Bereich Missbrauch bescheinigt. So sei die Einsetzung einer Kinderschutzkommission durch Papst Franziskus ein wichtiges Signal, sagte Rörig am Montag dem ARD-Morgenmagazin. Er hoffe, dass es vor allem bei denjenigen positiv aufgenommen werde, die sich bislang beim Schutz von Minderjährigen in ihren Einrichtungen eher zurückhaltend gezeigt hätten.
Der Papst hatte die Einsetzung des neuen Gremiums, unter dessen Mitgliedern auch ein Missbrauchsopfer aus Irland ist, am Wochenende bekanntgegeben. Aus Deutschland gehört der Kommission der Jesuit und Psychologieprofessor Hans Zollner an. Der aus Regensburg stammende Zollner lehrt an der römischen Universität Gregoriana. Er gilt als einer der führenden kirchlichen Fachleute auf diesem Gebiet.
Eine gute Studie kann die Kinder schützen
Zugleich lobte Rörig die Deutsche Bischofskonferenz, die am heutigen Montag einen neuen Anlauf bei der wissenschaftlichen Erforschung sexuellen Missbrauchs in der Kirche genommen hat. Eine gute Studie, die die Entstehung von Missbrauch in der Vergangenheit auch aus der Sicht von Betroffenen analysiere, biete eine Grundvoraussetzung dafür, Kinder künftig besser vor Übergriffen zu schützen.
Das neue Forschungsprojekt der katholischen Kirche zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch sei gesamtgesellschaftlich ein bedeutender Meilenstein, sagte Rörig am Montag auf Anfrage in Berlin. Zudem sei das Vorhaben ein wichtiges Signal an die Politik auf Bundesebene, eine umfassende und unabhängige Aufarbeitung von Missbrauch auf den Weg zu bringen.
Positiv sei auch, dass ein Vergleich mit nationalen und internationalen Ergebnissen von weiteren Studien der katholischen Kirche geplant sei.
"Die Betroffenen stärker einbeziehen"
Zugleich betonte Rörig, es sei schade, dass die Betroffenen bisher nicht stärker einbezogen worden seien. "Es wäre schön gewesen, wenn eine Rückkopplung bereits im Vorfeld stattgefunden hätte", so der Missbrauchsbeauftragte. Kritik übte er auch an der Formulierung eines Teilprojekts der Studie "Qualitative biografische Analyse in Form von Interviews mit Tätern und Opfern". Hier dürften Täter und Opfer und die jeweiligen Dynamiken nicht über einen Kamm geschoren werden. Es handele sich hierbei um völlig unterschiedliche Rollen, die auch aus wissenschaftlicher Sicht beachtet werden müssten. Die Gleichsetzung von Tätern und Opfern in der Formulierung sei sicher nicht sehr glücklich gewählt, so Rörig.
Wichtig seien auch klare Regeln zum Nähe-Distanz Verhältnis und unabhängige Beschwerdestellen, an die sich die Opfer wenden könnten. Er erlebe bei dem Thema nach wie vor viel Abwehr und Verdrängung. Notwendig sei weiterhin eine gesellschaftliche Bewusstseinsschärfung.