| Neue Missbrauchsstudie : „wir Wollen Klarheit Und Transparenz“
Radio Vatikan
March 24, 2014
http://de.radiovaticana.va/news/2014/03/24/neue_missbrauchsstudie:_%E2%80%9Ewir_wollen_klarheit_und_transparenz%E2%80%9C/ted-784323
Die Deutsche Bischofskonferenz gibt erneut eine Erforschung von sexuellem Missbrauch durch Kleriker in Auftrag. Bei einer Pressekonferenz in Bonn stellte der Missbrauchsbeauftragte, der Trierer Bischof Stephan Ackermann, das Projekt vor. Der Auftrag geht wie angekundigt an einen interdisziplinaren Forschungsverbund, dem unter anderem Mediziner, Psychiater, Sozialwissenschaftkler und Kriminologen angehoren, man wolle Sachverstand aus den verschiedensten Bereichen, so Bischof Ackermann. Geleitet wird das Projekt von Harald Dre?ling vom Zentralinstitut fur Seelische Gesundheit in Mannheim als Koordinator. Drei wesenliche Punkte wolle man erreichen, so Bischof Ackermann:
„Erstens geht es uns um eine Erhebung quantitativer Daten zur Auftretenshaufigkeit und zum Umgang mit sexuellen Missbrauchshandlungen an Minderjahrigen im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz. Es soll zweitens neben der quantitativen auch eine qualitative Analyse institutioneller Einflusse im Sinne einer Tater-Opfer-Institutionen-Dynamik geben, das hei?t wir wollen eine vertiefte Einsicht in das Vorgehen der Tater und uber das Verhalten von Kirchenverantwortlichen in den zuruckliegenden Jahrzehnten erhalten. Und schlie?lich soll es drittens eine Zusammenfuhrung bereits vorliegender nationaler und internationaler empirischer Befunde und Studienergebnisse mit den in unserem Projekt gewonnenen Erkenntnissen geben. Es gibt ja eine Reihe von Ergebnissen, die schon da sind, und ich glaube, dass es interessant ist, wenn man das miteinander vergleichen kann.“
Man wolle „Klarheit und Transparenz“ uber diese „dunkle Seite“ der Kirche - um der Opfer willen, aber auch um der Pravention willen, so Ackermann. Am 28. August des letzten Jahres war das Projekt von der Deutschen Bischofskonferenz ausgeschrieben worden, insgesamt drei Forschungsverbunde mit insgesamt 22 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern hatten sich beworben. Die Fruhjahrs-Vollversammlung in Munster traf dann unlangst die Entscheidung.
„Wir alle haben die erschutternden Falle sexuellen Missbrauchs, die im Jahr 2010 bekannt wurden und das Vertrauen der Offentlichkeit in die katholische Kirche zutiefst beschadigt haben, sehr wohl in Erinnerung. Als wir Bischofe wahrend der Fruhjahrsvollversammlung [2010] in Freiburg eine erste grundliche Aussprache uber diese Enthullungen fuhrten, haben wir in der Erklarung am Ende dieser Vollversammlung Folgendes als erstes Ziel formuliert: Es geht darum, die Wahrheit aufzudecken. Wir wollen eine ehrliche Aufklarung, frei von falscher Rucksichtnahme, auch wenn uns Vorfalle gemeldet werden, die schon lange zuruck liegen. Die Opfer haben ein Recht darauf.“
Der Leiter des neuen Projektes Harald Dre?ing erklarte, Ziel der auf dreieinhalb Jahre angelegten Studie sei es, „den sexuellen Missbrauch innerhalb der katholischen Kirche sowohl fur die Betroffenen als auch fur die Offentlichkeit so transparent wie moglich aufzuarbeiten. Im Rahmen eines modularen Projektablaufs sollen dabei nicht nur Daten aus Kirchenarchiven ausgewertet werden, sondern es werden auch externe Datenquellen einbezogen, die eine vergleichende Analyse mit anderen Formen des institutionellen Missbrauchs ermoglichen.“ Die Erfahrungen der Opfer sollen schon bei der Entwicklung der Forschungsinstrumente, aber auch bei der Interpretation der Ergebnisse durch Einrichtung eines Beirats von Anfang an miteinbezogen werden: „Dieser Beirat wird Betroffene und Wissenschaftler sowie Vertreter der Kirche umfassen. Er soll das Projekt wissenschaftlich und ethisch begleiten,“ so Dre?ing.
Der zweite Versuch
Ein erster Versuch der wissenschaftlichen Erforschung war im Januar 2013 gescheitert. Das vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen 2011 begonnene Forschungsprojekt sollte durch umfangreiche Aktenstudien belastbare Zahlen zum Missbrauch erbringen, den Verlauf der Taten aus der Sicht der Opfer nachvollziehen, das Handeln der Tater analysieren und klaren, wie sich die Kirche gegenuber Tatern und Opfern verhalten hat. Dazu sollte das KFN moglichst viele Personalakten der 27 deutschen Bistumer untersuchen. Doch es kam zum Zerwurfnis: Das Vertrauensverhaltnis sei zerruttet, hie? es 2013 bei der Bischofskonferenz. Man habe sich nicht auf die Untersuchungsmethoden einigen konnen. Dem Projektleiter Christian Pfeiffer wurden Sprunghaftigkeit und mangelnde Seriositat vorgeworfen. Allerdings gab es auch kirchenintern erhebliche Widerstande gegen das Projekt. Das „Netzwerk katholischer Priester" etwa kritisierte fehlenden Datenschutz wegen der Akteneinsicht fur Pfeiffer und verwies auf den im Kirchenrecht vorgesehenen Umgang mit Akten.
Nach dem Scheitern des ersten Versuches war sofort ein zweiter Anlauf angekundigt worden, schon damals war ein Forscherverbund ins Auge gefasst worden.
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