Verletzung
der Fürsorgepflicht: Kloster muss Missbrauchsopfer
entschädigen
Anwalt March 4, 2014 http://www.anwalt.de/rechtstipps/verletzung-der-fuersorgepflicht-kloster-muss-missbrauchsopfer-entschaedigen_056498.html
[Summary: A monastery is liable if it is negligent in
selection of personnel or known abusers, according to the
supreme court. The plaintiff attended the Cistercian boarding
school of Wettingen-Mehrerau in Bregenz.]
Ein Kloster haftet, wenn sie bei der Personalauswahl
fahrlässig ist und einen bekannten Missbrauchstäter
einstellt. Ein Missbrauchsopfer hatte vor dem Obersten
Gerichtshof mit seiner Klage Erfolg.
Geklagt hatte im Anlassfall ein Mann, der vor rund drei
Jahrzehnten das Internat der Zisterzienserabtei
Wettingen-Mehrerau in Bregenz besuchte. Missbrauchstäter
war Pater Johannes, doch der war im Kloster schon
einschlägig bekannt. Bereits Ende der 1960er-Jahre wagte
der Pater Übergriffe auf Buben. Karriere machte er
trotzdem. So konnte er sich 1982 an dem damals 15-Jährigen,
der nun vor Gericht prozessierte, vergehen.
Schadenersatzansprüche verjähren grundsätzlich
drei Jahre, nachdem das Opfer weiß, wer ihm das Ungemach
zugefügt hat. Kann man dem Täter die Straftat
nachweisen, dann sind es 30 Jahre. Allerdings ist es oft nicht
einfach, dem Täter im Zivilprozess die Straftat
nachzuweisen, zumal es nach Jahrzehnten - diesmal wegen der
strafrechtlichen Verjährung - auch keine Verfolgung durch
die Justiz mehr gibt.
Der Zögling klagte zudem ja jetzt nicht den direkten
Täter, sondern die Abtei. Denn das Opfer hatte im Vorjahr
durch den Artikel in einem Magazin erfahren, dass der Pater
bereits 1967 wegen sexuellen Missbrauchs vor Gericht musste und
zu bedingter Haft verurteilt wurde. Trotzdem hatte ihn der Abt
zum Internatsleiter bestellt. Einen Pädophilen hätte
man nicht in diese Position hieven dürfen, argumentierte
das Opfer vor Gericht. Die Abtei wandte ein, der
Schadenersatzanspruch sei bereits drei Jahre nach der Tat, also
1985, verjährt gewesen. Der Zögling erwiderte, er habe
ja erst 2012 erfahren, dass das Kloster Schuld trage.
Der OGH erklärte, die Klosterführung
hätte die Pflicht gehabt, alle „erheblichen
Gefahren" für die Kinder zu beseitigen. Man habe aber
eine Person, deren „kriminelle sexuelle Neigungen den
Verantwortlichen bekannt waren", zum Regens eines Internats
bestellt. Deswegen hafte das Kloster. Die Argumentation der
Abtei, laut der man den Missbrauch des Paters nicht hätte
verhindern können, sei „in Kenntnis vorangegangener
einschlägiger Straftaten für ein
römisch-katholisches Kloster doch verwunderlich", sagt
der OGH unverblümt. Der Fall sei zudem nicht verjährt,
weil das Opfer erst 2012 erfahren habe, dass der Abt des
Klosters seine Aufsichtspflicht verletzt hatte, meinen die
Richter (Geschäftszahl: 1 Ob 124/13m). Das Opfer
habe auch nicht die Pflicht gehabt, selbst zu recherchieren, ob
das Kloster von den Missbrauchsvorwürfen wusste.
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