| Chef-ideologe Der Katholischen Kirche Wird Kardinal
By Julius Muller-Meiningen
The General-Anzeiger
February 21, 2014
http://www.general-anzeiger-bonn.de/news/politik/Chef-Ideologe-der-katholischen-Kirche-wird-Kardinal-article1272568.html
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Ab morgen Kardinal: Gerhard Ludwig Muller. Foto: dpa
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In der einen gilt der 66 Jahre alte Theologe als liberaler Geist, der lange als Seelsorger in den Armenvierteln Lateinamerikas unterwegs war. Dieses Bild haben viele im Vatikan von Muller. In der anderen ist Muller ein konservativer Hardliner, der als Prafekt der Glaubenskongregation die katholische Doktrin gegen ihre angeblichen Feinde verteidigt. Auch gegen den Papst.
In den spaten 80er Jahren besuchte Muller als einfacher Priester regelma?ig die Armenviertel in Perus Hauptstadt Lima und freundete sich mit Gustavo Gutierrez an, der bis vor kurzem in Rom ungefahr so gern gesehen war wie der Beelzebub. Gutierrez ist einer der Begrunder der sozialistischen Befreiungstheologie, die mit ihrer christlichen Sozialkritik Rechte fur die Armen fordert und in ihrer weniger radikalen Version ("Option fur die Armen") auch den Papst fasziniert.
Muller hat sich intensiv mit dieser Theorie beschaftigt, ihren marxistischen Kern aber stets abgelehnt. Beruhrungsangste mit dem Thema kennt er nicht. Auf seine Vermittlung hin bekam Gutierrez bei Franziskus im September eine Audienz.
Jetzt hat Franziskus auch das Vorwort eines nachste Woche erscheinenden Buches von Muller mit dem Titel "Povera per i poveri" (Arm fur die Armen) verfasst, in dem der kunftige Kardinal das Thema behandelt, das dem Papst so am Herzen liegt: die Armut. Nach seiner Wahl bestatigte Franziskus Muller als einen der ersten Chefs einer Vatikan-Behorde im Amt. Die beiden sehen sich im Wochenrhythmus, sprechen Italienisch und Spanisch miteinander. Sogar Schnitzel und Kartoffelsalat bekam Franziskus bereits in Mullers Privatwohnung serviert.
Dieses Idyll zwischen Papst und seinem Chefideologen verwundert, wenn man sich das in Deutschland verbreitete Bild von Muller vergegenwartigt. Seit seiner Zeit als Bischof von Regensburg gilt der aus Mainz stammende Muller bei vielen als Konservativer, der Kritik an der Amtskirche im Keim erstickt und die Medien fur "Hetzkampagnen" verantwortlich macht. Zuletzt verteidigte er den umstrittenen Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst pauschal gegen Vorwurfe.
In der Debatte um den weltweit tausendfachen sexuellen Missbrauch durch Priester sprach Muller von "Einzelfallen". Auffallig streng rammte er einige Pflocke zur Verteidigung der katholischen Doktrin in den Boden. Er kassierte zum Beispiel die sogenannte Freiburger Handreichung, in der wiederverheirateten Geschiedenen wieder Hoffnung auf die Sakramente gemacht wird.
Au?erdem ist er gegen eine Lockerung des Zolibats oder die Priesterweihe fur Frauen. Seine Botschaft ist: Die Aufweichung der katholischen Doktrin ware der Anfang vom Ende. Damit steht Muller durchaus im Kontrast zu Franziskus, der mit seiner wiederholten Forderung nach mehr "Barmherzigkeit" eine weniger starre Position einnimmt.
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