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Opfer Sexuellen Missbrauchs ...

Psychologie-Aktuell
January 23, 2014

http://www.psychologie-aktuell.com/news/aktuelle-news-psychologie/news-lesen/article/2014/01/23/1390462198-opfer-sexuellen-missbrauchs-in-der-kirche-bleiben-ihren-glaubensvorstellungen-verhaftet-u.htm

Opfer sexuellen Missbrauchs in der Kirche sind oft religiös geprägt. Glaubensvorstellungen und Rituale formen das Erleben, Deuten und alltagspraktische Handeln. Auch wenn sich Betroffene nach der sexuellen Traumatisierung von der Kirche distanzieren, bleiben sie in der Verarbeitung der Geschehnisse religiösen Deutungsmustern verhaftet. Sandra Fernau stellt in einer qualitativen Studie beispielhafte Opfer vor. Die Arbeit erschien in "Psychoanalyse - Texte zur Sozialforschung".

Ein Mann, als 14jähriger in einem Internat missbraucht, hält seine Geschichte ein halbes Jahrhundert geheim und sucht erst dann das Gespräch mit der Wissenschaftlerin. Er fürchtet, durch die Aufdeckung stigmatisiert und in der dörflich-katholischen Gemeinschaft isoliert zu werden. "Die Angst vor negativen Fremdzuschreibungen wird durch Selbstvorwürfe mitbedingt und zugleich verschärft." Der Mann spricht von einem "Kainsmal" und leidet unter der Vorstellung, "durch den erlebten sexuellen Missbrauch eine Schuld vor Gott auf sich geladen zu haben." Hier zeigt sich, "dass der Betroffene noch Jahrzehnte nach den Übergriffen der Suggestion von Freiwilligkeit und Komplizenschaft unterliegt. Das Opfer weist sich im Rahmen einer katholischen Semantik selbst die Schuld für sexuelle Gewalterfahrungen zu."

Ein 41jähriger Mann, mit neun Jahren als Messdiener missbraucht, verarbeitet seine Traumatisierung in anderer Form: Er interpretiert die Ereignisse als eine Prüfung Gottes, als Teil eines für ihn vorgesehenen göttlichen Plans. "Weil er den Willen Gottes demütig  befolgt, wird sein Gehorsam mit einer göttlichen Zuwendung belohnt, so dass jene Sichtweise sein Leben ´bereichert´ habe, was im Hinblick auf seine Leidensgeschichte ´niemand für möglich gehalten hätte´." "Mit dieser religiös geprägten positiven Umbewertung der Geschehnisse verwandelt der Mann die erlebte Hilflosigkeit in eine Omnipotenz, die sich im Erkennen und Befolgen des für ihn vorgesehenen göttlichen Plans und Willens äußert ..."

Sandra Fernau diagnostiziert bei den Betroffenen, dass ihnen die katholisch geprägten Interpretationsvorlagen zur Abwehr der schmerzhaften Gefühle dienen. Dies führt zu einer Verschleierung oder Verdeckung der hervorgerufenen Affekte . "Die Elemente katholischen Glaubens entfalten demnach eine kontraemanzipative, tendenziell entmündigende Wirkung: Der Rekurs auf sie führt zu einer Unterdrückung der ursprünglich ausgelösten Gefühle; sie werden damit der Selbstreflexion entzogen, und es kommt zu einer Entfremdung von den realen eigenen Empfindungen ..."





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