| Nach Missbrauchskrise: Legionäre Christi Versuchen Neuaufstellung
The Kathweb
January 9, 2014
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Die Beratungen über neue Statuten haben in Rom begonnen und sollen rund 20 Tage dauern - Vertreter der alten Garde mussten seit 2010 ihre Posten räumen 08.01.2014
Rom, 08.01.2014 (KAP) Die Legionäre Christi beraten seit Mittwoch in Rom über neue Statuten für ihre Ordensgemeinschaft. Das Generalkapitel soll die nach dem Missbrauchsskandal um den Ordensgründer Marcial Maciel Degollado (1920-2008) vom Vatikan angeordnete Reform abschließen.
Der aus Mexiko stammende Priester und Gründer der Legiönäre Christi hatte jahrelang Minderjährige in Ordenseinrichtungen sexuell missbraucht und mit zwei Frauen drei Kinder gezeugt. Der Vatikan sprach von einem "gewissenlosen Leben ohne echte religiöse Gesinnung" und forderte nach einer Untersuchung im Mai 2010 eine umfassende Neuausrichtung des Ordens. Seither stehen die Legionäre unter Aufsicht des italienischen Kurienkardinals Velasio de Paolis.
Die Beratungen über die neuen Statuten sollen rund 20 Tage dauern. Zudem wählen die Oberen eine neue Ordensleitung.
Bislang steht dem Orden übergangsweise der Deutsche Sylvester Heereman von Zuydtwyck - ein Cousin des ehemaligen deutschen Verteidigungsministers Theodor zu Guttenberg - vor. In einem zweiten Teil sollen verschiedene Themen des Ordenslebens diskutiert werden. Bis Ende Februar soll das Generalkapitel abgeschlossen sein.
Die Legionäre Christi zählen nach eigenen Angaben derzeit rund 950 Priester sowie 2.000 Nichtgeistliche und Novizen in 22 Ländern.
Suche nach Identität
Wie italienische Medien berichten, geht es im Grunde um die Frage, was von einer Gemeinschaft übrigbleibt, wenn die Persönlichkeit des Gründers komplett wegfällt: Was wären die Franziskaner ohne Franz von Assisi, die Jesuiten ohne Ignatius von Loyola?
Die Aufdeckung des skandalösen Doppellebens Pater Maciels hatte im von ihm 1941 gegründeten Orden auch personell einiges verändert: Vertreter der alten Garde mussten seither ihre Posten räumen. Vorwürfe wegen sexuellen Missbrauchs gegen Maciel blieben lange folgenlos, wohl auch deswegen, weil dieser immer wieder einen Zugang zu Papst Johannes Paul II. fand und über einen guten Draht zu Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano verfügte. Somit vermochte auch der damalige Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation, Kardinal Joseph Ratzinger, offenbar nichts gegen Maciel zu unternehmen.
"Miliz" Christi
Die Legionäre Christi verstehen sich als "Miliz" Christi. Ihr Kennzeichen ist eine straffe Disziplin bis hin zum Erscheinungsbild. Sie unterhalten vor allem Schulen, Universitäten und engagieren sich in der Medienarbeit. Besonders stark sind sie in Mexiko.
In der Öffentlichkeit fallen die Mitglieder vor allem durch ihre stets korrekt gescheitelten Haarschnitte auf. Kein Geringerer als der Präfekt der vatikanischen Ordenskongregation, Kardinal Joao Braz de Aviz, bescheinigte den Legionären "Autoritatismus" und "Mangel an persönlicher Freiheit". Der Vatikan mahnte eine Neustrukturierung des bislang ganz auf die Person des Gründers zugeschnittenen Ordens an.
In dem Ruf, Avantgarde einer "armen Kirche für die Armen" zu sein, stehen die Legionäre nicht. "Millionarios de Cristo" nennt sie der Volksmund in lateinamerikanischen Ländern. Ihr Ordensgründer suchte die Nähe der politischen und wirtschaftlichen Eliten und pflegte einen lockeren Umgang mit Geld.
Der Prozess der Abnabelung war schmerzhaft und ging nicht ohne Verluste vonstatten: Im Februar 2010 distanzierten sich die Legionäre förmlich von Maciel und entschuldigten sich bei dessen Opfern. Im gleichen Jahr wurde der Kult um seine Person erheblich beschnitten: Geburtstag, Taufe, Namenstag und Priesterweihe dürfen seither nicht mehr als Festtage begangen werden. Außerdem mussten alle offiziellen Porträts in den Niederlassungen entfernt und der Verkauf der Schriften des Gründers eingestellt werden. Die Anziehungskraft der Legionäre litt erheblich.
So scharf der Vatikan mit Maciel und seinem Umfeld ins Gericht ging, so bemüht war er, die lauteren Absichten und ehrlichen Überzeugungen einer großen Mehrheit im Orden zu würdigen. Viele seien "von einer falschen Gewalt letztlich doch zum Richtigen gerufen worden", sagte Benedikt XVI. hierzu später im Interview mit Peter Seewald. Das "sei das Merkwürdige, der Widerspruch, dass sozusagen ein falscher Prophet doch eine positive Wirkung haben kann".
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