| Missbrauch: Zwolf Jahre Haft Fur Ex-Pater Aus Stift Kremsmunster
Der Standard
July 3, 2013
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Der ehemalige Konviktsdirektor des Stifts Kremsmünster wurde im Landesgericht Steyr zu zwölf Jahren Haft verurteilt
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"Die Dauer und die Gleichgültigkeit des Angeklagten übersteigt für uns alles Dagewesene", sagte der Richter. Der Verteidiger von Pater A. kündigte Berufung an, da der Missbrauch von 24 Schülern verjährt sei
Steyr - Im besten Fall "oberflächlich geständig", mehr nahm die Staatsanwältin dem alten Mann mit dem Gehstock auf der Anklagebank nicht ab. Denn das, was der ehemalige Konviktsdirektor des Stiftes Kremsmünster vom Blatt heruntergelesen hatte, ließ "kein Gefühl von Reumütigkeit" aufkommen, stellte auch einer der fünf Opferanwälte fest.
Ein anderer sah in dem Geständnis samt Bitte um Verzeihung nichts weiter als einen "billigen Milderungsgrund". Denn sich persönlich bei den im Gerichtssaal anwesenden Missbrauchsopfern zu entschuldigen, darauf verzichtete Pater A.
"Mangelnde subjektive Einsicht"
Der Eindruck "mangelnder subjektiver Einsicht", so die Staatsanwältin, war dann angesichts der abschließenden Worte des Angeklagten in dem Strafverfahren nicht von der Hand zu weisen. Mit deutlicher Stimme legte der mittlerweile laisierte Geistliche los: "Was M. (Name eines Opfers, Anm.) über mich erzählt hat, ist gelogen, das war für mich ein Schmierenroman, Herr Richter. Der Schüler hat mich immer gehasst, nicht ich ihn. Ich konnte mich um ihn bemühen, so viel ich wollte", gab der wegen sexuellen Missbrauchs Angeklagte den Schöffen auf den Weg zu den Beratungen noch mit.
Anschließend wurde es still im großen Schwurgerichtssaal des Landesgerichts Steyr. Pater A. fiel wie gewohnt in sein stoisches Schweigen, Richter und Schöffen zogen sich zur Urteilsfindung zurück: Zwölf Jahre Haft unbedingt - nach zwei Stunden war das Strafmaß gefunden. Damit folgte das Gericht der Forderung der Anklage nach einer strengen Bestrafung, nicht zuletzt auch aus generalpräventiven Gründen.
Auch systematische Vorgehensweise verurteilt
"Die Dauer und die Gleichgültigkeit des Angeklagten übersteigt alles Dagewesene", begründete der Richter das Schuldausmaß. Er verurteilte auch die systematische Vorgehensweise des ehemaligen Konviktleiters. "In einem anderen Umfeld wären die Vorfälle undenkbar gewesen."
Erstmals hatte sich seit Montag ein hochrangiger Geistlicher im Zusammenhang mit Missbrauchsfällen in kirchlichen Einrichtungen vor einem Strafgericht in Österreich verantworten müssen. Pater A., der trotz Wissens um seine pädophile Neigung, Erzieher geworden war, soll jahrelang mindestens 24 Schüler sexuell missbraucht, geschlagen und gedemütigt haben. So drohte er auch mit einer Pumpgun, schilderte ein Opferanwalt im Abschlussplädoyer.
"Miese, kriminelle Energie"
Jene Zöglinge, denen er besonders wohlgesonnen gewesen war, habe er hingegen in sein privates Schlafgemach bestellt. "Es kam zu Oral- und Analverkehr und Masturbation", beschrieb der Anwalt nochmals die Übergriffe, damit auch die sonst vom Prozess ausgeschlossene Öffentlichkeit eine Vorstellung von der "miesen, kriminellen Energie" des "heute zwar alten Mannes", aber damals "jungen Täters" erhalten konnte.
Dass es sich um "abscheuliche Taten" gehandelt habe, stand auch für den Verteidiger außer Streit. Aber "nüchtern und rein rechtlich gesehen" kam für ihn nur ein Freispruch infrage, da die Übergriffe Jahrzehnte zurücklägen und damit längst verjährt seien. So kündigte der Verteidiger auch sofort nach dem Urteilsspruch Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Das Urteil ist damit nicht rechtskräftig.
Stift kommentiert Urteil knapp
Der Abt des Stiftes, Ambros Ebhart, reagierte nach dem Urteil in einer knappen schriftlichen Stellungnahme: "Es ist gut, dass das Gerichtsverfahren jetzt abgeschlossen ist. Dadurch musste sich der Beschuldigte der Verantwortung stellen. Den Opfern wird auf diese Weise ein Stück Gerechtigkeit zuteil. Es macht uns sehr betroffen, dass die Vorfälle stattgefunden haben."
Die Zahl aller Opfer ist nicht exakt festzustellen: Polizei und Staatsanwaltschaft ermittelten anfangs in 39 Fällen, 24 mündeten in die Anklage. Das Stift zahlte mittlerweile 700.000 Euro an Betroffene. (Kerstin Scheller, DER STANDARD, 4.7.2013)
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