| Nach Studie: Stadt Innsbruck Erkennt Ehrenzeichen Ab
tirol@orf
June 27, 2013
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Beim Aufarbeiten von Missbrauchsfallen in Tiroler Heimen will die Stadt Innsbruck ein Zeichen setzen und zwei Sozialehrenzeichen aberkennen. Das beschloss am Mittwoch der Stadtsenat, nachdem Historiker ein Gutachten prasentiert hatten.
Im Vorjahr wurde das Institut fur Zeitgeschichte der Universitat Innsbruck beauftragt, eine Studie uber die Vorwurfe hinsichtlich Gewalt und Missbrauch durch mittlerweile verstorbene Sozialehrenzeichentrager der Stadt Innsbruck zu erstellen - mehr dazu in Trager von Ehrenzeichen am Prufstand.
Pater Magnus Kerner leitete die Bubenburg
In jungerer Vergangenheit waren gegen Pater Magnus Kerner Vorwurfe hinsichtlich Gewalt und Missbrauch erhoben worden. Kerner hatte ab 1949 das Seraphische Liebeswerk und damit das Knabenheim St. Josef in Fugen, das in Bubenburg umbenannt wurde, geleitet. Diese leitete er mit Unterbrechungen bis zu seinem Tod im Jahr 1990.
Die Historiker kamen bei ihrer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass Kerner als Leiter der Bubenburg fur langjahrige Vertuschung von Gewalt und sexuellen Ubergriffen durch Laienerzieher verantwortlich gewesen sei.
„Er unterlie? in den entsprechenden Fallen nicht nur Meldungen an das Jugendamt, sondern brachte die Falle auch nicht zur Anzeige. Auffallig gewordene Mitarbeiter wurden zwar entlassen, teilweise aber mit hervorragenden Arbeitszeugnissen, wodurch diese in anderen Heimeinrichtungen ihre Tatigkeit fortsetzen konnten“, so Zeithistoriker Horst Schreiber.
„Kerner Instanz der Erniedrigung“
Doch vor allem Kerner selbst sei als ausgesprochen gewalttatig bekannt gewesen. Er habe in der Bubenburg ein System der Unterdruckung, der Gewalt und der permanenten Erniedrigung der Heimkinder und -jugendlichen installiert. Auch berichteten viele ehemalige Heiminsassen im Rahmen der Studie von zahlreichen sexuellen Ubergriffen durch Kerner. „Er war eine Instanz der Erniedrigung und fur die furchtbaren Zustande in der Bubenburg hauptverantwortlich“, so Schreiber.
Hermann Pepeunig stark in Hitlerjugend engagiert
Hermann Pepeunig wurde 1911 in Pettau in der Steiermark geboren und kam 1919 nach Innsbruck. Schon 1932 trat er der NSDAP bei. In weiterer Folge war er Mitglied der SA, spater der SS und engagierte sich besonders im Rahmen der Hitlerjugend (HJ). 1938 bewarb sich Peteunig beim Reichsarbeitsdienst, der vor allem der vormilitarischen Ausbildung junger Manner und spater als Rekrutierungsreserve der Waffen-SS diente. Ab 1940 fuhrte er als HJ-Bannfuhrer den HJ-Bann Kufstein, ab 1941 zusatzlich den HJ-Bann Innsbruck.
Mai 1945: Kampf mit Hitlerjungen gegen Amerikaner
Seinen fanatischen Glauben an den Nationalsozialismus unterstrich Pepeunig, als er noch am 1. Mai 1945 bei Scharnitz den anruckenden Verbanden der Amerikaner mit einer Schar Hitlerjungen entgegentrat - die Zahl der dabei getoteten Hitlerjungen lasst sich heute nicht mehr mit Sicherheit bestimmen.
„Es ist nach unserer umfangreichen Recherche absolut klar, dass es sich bei Hermann Pepeunig um einen zutiefst vom Nationalsozialismus uberzeugten Mann gehandelt hat“, so Sabine Pitscheider, ebenfalls Mitglied der Historikerkommission.
1945 wurde Pepeunig durch die alliierten Besatzungstruppen verhaftet. Er wurde zum kasernierten Arbeitseinsatz eingeteilt und musste dabei Zwangsdienst im Sinne des Wiederaufbaues leisten. Angesichts der Massen an Ermittlungsverfahren mussten sich die Behorden allerdings auf „hohere“ NS-Tater und -Taterinnen konzentrieren, und das Verfahren gegen Pepeunig wurde ausgesetzt.
Mehrfach wegen Korperverletzung angezeigt
Ab 1950 war Pepeunig Angestellter des Landesjugendreferates, das er zunachst ehrenamtlich unterstutzt hatte. Ab 1953 war er der erste Geschaftsfuhrer des neu gegrundeten Vereines Aufbauwerk der Jugend. Auch seine Einstellung in Erziehungsfragen war durchaus von Gewalt gepragt - zwei entsprechende Anzeigen wegen Korperverletzung gegenuber Jugendlichen in den 1950er bzw. 1960er Jahren belegen das deutlich.
Auch Pepeunig war eine bekannte, von offiziellen Stellen geschatzte und bestens vernetzte Person, die trotz ihrer einschlagigen NS-Vergangenheit zahlreiche Ehrungen verschiedener Gebiestkorperschaften erhielt – 1983 das Sozialehrenzeichen der Stadt Innsbruck. Nach seiner Pensionierung vom Landesdienst 1976 amtierte Pepeunig bis 1985 weiter als Geschaftsfuhrer des Aufbauwerkes der Jugend. Er starb 1990.
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