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Bischof Rudolf Und Sein Fragwurdiger Berater

Regensburg-Digital
June 15, 2013

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Teils herzlich, teils diplomatisch: Rudolf Voderholzer auf dem Podium im Presseclub zwischen Christine Schröpf und Karl Birkenseer.

Nachdenklich beim Thema Missbrauch: Rudolf Voderholzer.

Kreativer Umgang mit der “Faktenlage”: Bistumssprecher Clemens Neck.

Zeichnet verantwortlich für die Serienbriefe: Generalvikar Michael Fuchs.

Bei seinem ersten Auftritt im Regensburger Presseclub hinterließ Bischof Rudolf Voderholzer einen weitgehend positiven Eindruck. Beim „Thema“ sexueller Missbrauch indes wirkt er engagiert, allerdings auch schlecht informiert. Sein Pressesprecher hat dabei ein ganz eigenes Verständnis von der Wahrheit.

Er wirkt herzlich. Auch bedacht, ruhig und diplomatisch. Trotz klarer Positionen. Als Bischof Rudolf Voderholzer am Donnerstag zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt den Regensburger Presseclub besucht, antwortet er lange und ausführlich auf alle Fragen, die ihm gestellt werden (auf dem Podium moderieren Christine Schröpf, Mittelbayerische Zeitung, und Karl Birkenseer, Kirchenspezialist der Passauer Neuen Presse).

Das gilt für den recht lockeren Einstieg zum finanziellen Engagement für Hochwasser-Opfer im Bistum. „Man möchte eigentlich gleich anpacken und mithelfen“, sagt Voderholzer. Oder auch für seine fußballerischen Vorlieben („Der FC Bayern und der Jahn Regensburg müssen sich mein Mitfühlen jetzt teilen.“). Die zum Teil recht speziellen Fragen, die PNP-Redakteur Karl Birkenseer zu Liturgie und Glaube („Wird man in Zukunft nur katholisch sein, wenn man frömmer wird?“ „Worin zeigt sich die eucharistische Frömmigkeit?“) stellt, und die selbst bei manch begeistertem Katholiken im rappelvollen Presseclub – Journalisten sind deutlich in der Minderheit – für Ermüdungserscheinungen sorgen, berühren ein Steckenpferd des Bischofs und sorgen für längere Referate.

Homosexualität und Donum Vitae

Doch auch bei kontroversen Themen drückt sich der Bischof nicht um eine Antwort herum. Etwa als es um die Gleichstellung homosexueller Lebensgemeinschaften geht. Dieser erteilt Voderholzer – wenig verwunderlich – eine deutliche Absage, macht aber gleichzeitig deutlich, dass es ihm „nicht um moralische, sondern fundamentale schöpfungstheologische Fragen“ gehe, „die Zukunft des Landes“. „Die Einhaltung des Generationenvertrages“ erfordere eine Privilegierung der Ehe von Mann und Frau „als Keimzelle der Familie“.

Auch zur Schwangerenberatung Donum Vitae äußert sich Voderholzer. Die Menschen, die sich dort engagieren, hätten wohl gute Absichten und seien wohl gute Katholiken. Sich am „System der straffreien Abtreibung“ zu beteiligen aber „würde uns unglaubwürdig machen“. Deshalb handle es sich bei Donum Vitae auch um keine katholische Organisation.

Es sind dies die altbekannten Positionen einer katholischen Kirche, die sich schon lange aus der Lebensrealität vieler Menschen verabschiedet hat. Im Gegensatz zu manch anderem Funktionär dieser Kirche aber, insbesondere seinem Vorgänger Gerhard Ludwig Müller, versteht es Voderholzer, diese Positionen diplomatisch, nicht verurteilend und dialog-, allerdings kaum kompromissbereit zu vertreten.

Bischof sprach mit Missbrauchsopfern

Schwierig bleibt unter Voderholzer nach wie vor der Umgang mit dem „Thema“ sexueller Missbrauch. An der Aufarbeitung und den Umgang mit den Opfern durch seinen Vorgänger und die zuständigen Mitarbeiter habe er nichts zu beanstanden, erklärt der Bischof. Das sei angemessen gelaufen. Einen Abschlussbericht zur Aufarbeitung lehne er nicht generell ab, sofern er zu dem Schluss komme, dass „dies hilfreich“ sei.

Er selbst habe Missbrauchsopfer besucht, bestätigt Voderholzer auf Nachfrage. „Mit flatterndem Herzen“, nach eingehender Beratung. Zuvor habe er sich intensiv mit seinem Bruder besprochen, der unter anderem als Facharzt für Psychotherapie tätig ist, um keine Retraumatisierung bei den Betroffenen auszulösen. Er habe den Eindruck, dass es für diese vor allem darum ginge, „zu spüren, dass ihnen geglaubt wird“. Ein finanzielle Entschädigung sei dabei eher sekundär.

Konfrontiert damit, dass unter seinem Vorgänger Gerhard Ludwig Müller Serienbriefe an Missbrauchsopfer verschickt wurden, die in mindestens zwei Fällen zu Retraumatisierungen – längere Depression, stationäre Behandlung – geführt haben, also just das, was Voderholzer dezidiert vermeiden will, scheint der Bischof nichts zu wissen.

Die Serienbriefe kennt der Bischof nicht

In den wortgleichen Schreiben, die unserer Redaktion vorliegen (hier im kompletten Wortlaut) und über die nicht nur wir, sondern auch das BR-Magazin „Kontrovers“ berichtet haben, werden die Schilderungen der Opfer schlicht als nicht nachvollziehbar bezeichnet. „Ich werde zum Lügner gestempelt“, erklärte der ehemalige Domspatz Udo Kaiser damals gegenüber unserer Redaktion. Seine Therapeutin sprach von einem „perfiden Nachtreten“ durch das Bistum. Die Schwester eines anderen Opfers und Empfänger dieses Serienbriefs schrieb einen bitteren Brief an Stephan Ackermann, Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz (hier im Wortlaut).

Voderholzer wirkt erstaunt, etwas ungläubig, als er darauf angesprochen wird, verspricht aber zumindest diese beiden Fälle „noch einmal prüfen“.

Herr Neck und „die Faktenlage“

Dass er dabei auf die ungeteilte Mithilfe seines Stabes hoffen kann, darf zumindest bezweifelt werden. Der vom Bischof mit der „Prüfung“ beauftragte Clemens Neck, bereits Pressesprecher unter Gerhard Ludwig Müller und jetzt unter Voderholzer, erklärt im Anschluss an die Diskussion, dass „die Faktenlage eine ganz andere“ sei. Das ist entweder eine glatte Lüge oder Herr Neck leidet an akuter Amnesie.

Tatsächlich ist Neck die „Faktenlage“ wohlbekannt. Durch Recherchen von Regensburg Digital, des Bayerischen Fernsehens und des Westdeutschen Rundfunks wurde er mehrfach mit diesen Fällen konfrontiert. Ihm liegen Schweigepflichtentbindungen der Betroffenen, die Briefe vom Bistum und mehrere Fragen dazu vor (hier am Ende des Artikels nachzulesen). Eine Antwort hat unsere Redaktion bis heute nicht erhalten.

Missbrauchsbeauftragte entschuldigte sich bei Betroffenem

Dafür liegt uns zwischenzeitlich eine E-Mail der kürzlich verstorbenen Missbrauchsbeauftragten Dr. Birgit Böhm an einen der Betroffenen vor, in dem sie sich dafür entschuldigt, dass das Schreiben der Diözese für ihn „zu seiner so großen Belastung geworden“ sei.

Tatsächlich hatte Böhm die Serienbriefe nicht einmal zu verantworten. Unterzeichner war der nach wie vor amtierende Generalvikar Michael Fuchs. Böhm erhielt einen Abdruck zur Kenntnisnahme.




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