| Dickert Von Reaktion Aus Mainz Enttauscht
Lauterbacher Anzeiger
May 11, 2013
http://www.lauterbacher-anzeiger.de/lokales/vogelsbergkreis/grebenhain/13077978.htm
Briefwechsel zu Missbrauchsfallen und Rolle der Kirche – Gesprach in Mainz ohne Pfarrer lehnt Rathauschef ab
(cke). Die Einstellung der Missbrauchsstudie durch die Katholische Kirche und die noch immer ausstehende Entschuldigung von Kirchenverantwortlichen aus dem Bistum Mainz gegenuber den Opfern, die vom ehemaligen Grebenhainer Pfarrer Wolfgang Grabosch sexuell missbraucht worden waren, hatten Grebenhains Burgermeister Manfred Dickert im Februar veranlasst, einen Brief an den Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, zu schreiben. Der Rathauschef, in dessen Gemeinde sich ein Teil der widerwartigen Taten ereignet hatten, hatte in seinem Schreiben eine klare Entschuldigung der Kirche und einen ehrlichen Umgang mit den Missbrauchsfallen gefordert (der LA berichtete).
Im Marz bekam Dickert Antwort aus Mainz. Nicht von Kardinal Lehmann selber, sondern vom Justiziar des Bistums, Professor Michael Ling. Insgesamt enttauscht war der Rathauschef von dessen fur ihn unbefriedigenden Stellungnahme. Dennoch war er bereit, das von Ling in dem Brief gemachte Gesprachsangebot anzunehmen. Das teilte Dickert dem Justiziar in einem weiteren Schreiben im April mit, verbunden mit der Bitte, dass auch der Grebenhainer Pfarrer Helmut Grittner und ein Vertreter des LA an der Unterredung in Mainz teilnehmen sollten. Das wiederum lehnte Ling ab und teilte das Manfred Dickert in der vergangenen Woche erneut schriftlich mit.
Nach reiflicher Uberlegung hat sich der Grebenhainer Rathauschef nun seinerseits entschlossen, auf das Gesprach zu verzichten, da er diese Art von Geheimhaltung und das Heraushalten insbesondere des Grebenhainer Seelsorgers nicht akzeptieren kann. Denn gerade der sei fur einige der Opfer eine Vertrauensperson und fur sie ein glaubwurdiger Reprasentant der Katholischen Kirche. Seinen Verzicht mit dem Hinweis darauf, wie enttauscht er von dieser Haltung sei, und auch daruber, dass der Justiziar und nicht der Kardinal selber in Kontakt mit ihm getreten sei, teilte Dickert dem Bistum in einem weiteren Brief mit, den er in dieser Woche verfasste.
Der Justiziar des Bistums, Michael Ling, hatte in seinem Antwortschreiben auf den ersten Brief Dickerts im Februar den Vorwurf der Vertuschung und den Anwurf, die Kirche habe bereits spatestens seit 1999, vor dem Zeitpunkt der Verjahrung der Taten also, uber die Missbrauchsfalle Bescheid gewusst, zuruckgewiesen. Die Kirche habe mehrfach offentlich dazu aufgefordert ihr Hinweise auf ein fruheres Wissen mitzuteilen, es sei aber immer nur bei anonymen Stimmen und Geruchten geblieben, hatte Ling erklart. Dem gegenuber lagen ihr Hinweise vor, dass vor Ort bereits zum Zeitpunkt der Missbrauchsfalle ein Wissen uber die Vorgange bestanden habe, das aber aus unterschiedlichen Grunden nicht an Bistum oder Staatsanwaltschaft weitergegeben worden sei.
Dem Bistum liege die vollstandige Akte uber Grabosch vor, einschlie?lich der Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft. Akteneinsicht konne das Bistum aus Opferschutzgrunden jedoch nicht gewahren. Weitere Erkundigungen konne Dickert bei der Staatsanwaltschaft einholen, die ebenfalls uber die Akten verfuge.
Auch den Vorwurf, die Kirche habe in der Angelegenheit nicht mehr getan, als ihr Mitgefuhl zu au?ern, hatte Ling nicht gelten lassen, schlie?lich seien in Anerkennung des Leids bereits mehreren Opfern Leistungen (finanzielle Entschadigungen, Anmerkung der Redaktion) gewahrt worden.
Bedauerlich fand der Justiziar auch, dass Dickert die Materie nicht unmittelbar mit der Kirche besprochen habe, sondern den Weg eines offentlichen Briefes – uber den LA – gewahlt hatte, ohne der Kirche vorab eine Gelegenheit zur Stellungnahme einzuraumen. Gerade das Bistum Mainz gehore namlich zu denjenigen Bistumern, die sich im Zusammenhang mit der Studie zum Missbrauch der Katholischen Kirche unter Leitung Prof. Pfeiffers bereit erklart habe, ihr gesamtes Aktenmaterial fur eine Untersuchung der Zeit von 1945 bis heute zur Verfugung zu stellen. An dieser Haltung habe sich bis heute nichts geandert.
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