| Mediationsgesprache Gescheitert
Der Pilger
March 15, 2013
http://www.pilger-speyer.de/nachrichten/aus-dem-bistum/article/mediationsgespraeche-gescheitert/
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Die Opfer von sexuellen Ubergriffen leiden ihr Leben lang daran, was ihnen in ihrer Kindheit widerfahren ist. Foto: Pegbes – Fotolia.com
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Im Juni 2011 trafen sich die „Initiative Ehemaliger Johanneum Homburg“ und der Orden der Hiltruper Missionare unter der Federfuhrung des Mediators Professor Dr. Bernhard Haupert zum ersten Mal, um in Sachen Missbrauchsfalle am Homburger Gymnasium Johanneum eine Verstandigungsebene herzustellen. Vor zwei Wochen erklarte der Professor fur Soziologie an der Katholischen Hochschule Mainz die Mediationsgesprache fur gescheitert.
Ursprunglich war fur den 2. Marz ein weiteres Mediationsgesprach geplant. Doch bereits im Vorfeld wurde deutlich, dass weder der Orden noch die Opfer von ihren Positionen abrucken. Die Initiative fordert von den Hiltruper Missionaren nach wie vor die Anerkennung hoherer Tater- und Opferzahlen, das Eingestandnis, dass der Orden von den Ubergriffen einzelner Patres gewusst hat und daraus folgend die Ubernahme der institutionellen Verantwortung, und nicht zuletzt individuelle Entschadigungsleistungen, orientiert an den Bedurfnissen der einzelnen Opfer.
Wie Dr. Martin Kleer, der Provinzial der Herz-Jesu-Missionare gegenuber dem „pilger“ mitteilt, ist der Orden jedoch nur bereit, finanzielle Zuwendungen nach Ma?gabe der Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz und der Deutschen Ordensobernkonferenz zu leisten. Diese sehen vor, einen Antrag auf materielle Leistung zu stellen, den die Zentrale Koordinierungsstelle in Bonn begutachtet. Einige Opfer seien laut Kleer diesen Weg gegangen. Sechs weitere, die der Orden anerkennt, fordert er auf, ihre Anspruche ebenfalls geltend zu machen. Der Provinzial sieht in den finanziellen Leistungen eine „symbolische Geste der Versohnung, auch wenn die Ubergriffe nicht wieder gut zu machen sind“.
Fur Bernd Held und seine Mitstreiter von der „Inititative Ehemaliger Johanneum“ ist dies keine Option. Sie furchten, dass der Orden sie mit den Zahlungen lediglich abspeisen will, ohne dass er auf die weiteren Forderungen eingeht. Doch dieser bestreitet sowohl von den Vorgangen am Johanneum gewusst zu haben noch ist er bereit, die Tater- und Opferzahlen nach oben zu korrigieren. „Auf Zuruf oder pauschale Beschuldigung durch Dritte kann und wird der Orden niemanden als Tater zahlen“, wird Kleer nicht mude zu betonen. „Potentielle Opfer sollen sich melden und die Vorwurfe vortragen. Dazu haben die Beschuldigten ein Recht.“
„Schon lange geschehen“, kontert Bernd Held. Vor Beginn des Mediationsverfahrens habe die Initiative Berichte von Opfern sowohl an Professor Haupert als auch an Kleer, der damals Missbrauchsbeauftragter des Ordens gewesen sei, weitergeleitet, so dass zu diesem Zeitpunkt bereits von sechs Tatern ausgegangen werden konnte. Die Opferzahl habe bei zwolf gelegen. Wahrend des Mediationsverfahren hatten sich weitere Betroffene bei Professor Haupert gemeldet, so dass derzeit von acht Tatern und 18 Betroffenen die Rede sei. Der Orden beharre jedoch weiterhin auf zwei Tater und zehn Opfer.
Dass es in naher und ferner Zukunft noch zu einer Annaherung der beiden Parteien kommen wird, glaubt Haupert nicht. Der Professor fur Soziologie wunscht den Hiltruper Missionaren, „dass sie nachdenken, was passiert ist“. Zwar sei es rechtlich korrekt, dass der Orden fur die Verfehlungen Einzelner aus seinen Reihen keine institutionelle Verantwortung ubernehmen musse; allerdings habe er eine ethisch-moralische Verpflichtung. „Schlie?lich hat der Orden diejenigen ausgebildet, denen er die Kinder und Jugendlichen anvertraute.“
Haupert rat den Hiltruper Missionaren und den Opfern, im Rahmen von Gruppengesprachen die Vorgange am Johanneum in den Blick zu nehmen. „Denn das enge personliche Verhaltnis zwischen den Schulern und den Patres verquickt mit einem tiefen Glauben und personlichen Enttauschungen kann man nicht individualtherapeutisch aufarbeiten.“ Auch im Orden gabe es Mitglieder, die vom Verhalten ihrer Mitbruder enttauscht seien. Sie mussten jedoch nach au?en Loyalitat zeigen. „Doch an dem Chorgeist zerbricht letztendlich der Orden, weil die eigenen Werte in Frage gestellt werden.“
Eine systematische Untersuchung der Vorgange am Johanneum wie im Kloster Ettal lehnt der Orden ab. Der Unterschied zum Kloster Ettal bestehe darin, dass die Hiltruper Missionare kein Internat mehr hatten, fur das sie in Sachen Missbrauch Vorsorge treffen und damit Pravention leisten konnten, so die Begrundung von Provinzial Kleer. Au?erdem bestehe „ohne die Schwere der Missbrauchsfalle am Johanneum zu verharmlosen ein Unterschied zu Ettal auch in den Dimensionen des Missbrauchs, die in Ettal offensichtlich deutlich gravierender sind, so dass in Ettal ganz andere Ma?nahmen erforderlich sind“.
Bernd Held und seine Mitstreiter wollen sich damit nicht zufrieden geben. „Wir kampfen weiter um der Wahrheit willen.“ (pede)
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