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"Franziskus Muss Im Vatikan Aufraumen"

By Johanna Bruckner
Sueddeutsche
March 15, 2013

http://www.sueddeutsche.de/panorama/erwartungen-an-den-papst-franziskus-muss-im-vatikan-aufraeumen-1.1624703

Papst verlasst den Vatikan Franziskus spricht Dankgebet

Missbrauchsskandale, Vatileaks-Affare, sinkende Mitgliederzahlen: Jorge Mario Bergoglio ist zum Oberhaupt einer Kirche gewahlt worden, die in der Krise steckt. Die Katholiken setzen gro?e Hoffnungen in ihn - richten aber auch klare Erwartungen an ihr neues Oberhaupt. Sigrid Grabmeier von der Reformbewegung "Wir sind Kirche" erzahlt im SZ.de-Gesprach, was sie jetzt vom Papst fordert - und warum sie ihm eine lange Amtszeit wunscht.

SZ.de: Frau Grabmeier, wo hat Sie der wei?e Rauch uberrascht?

Sigrid Grabmeier: Im Wohnzimmer, der Fernseher lief schon. Und dann bin ich naturlich drangeblieben - es war ja doch sehr spannend.

Hatten Sie einen personlichen Favoriten unter den Kardinalen?

Nein. Uns bei "Wir sind Kirche" geht es weniger um Personen, als vielmehr um Standpunkte. Und leider steht keiner der Kardinale fur unsere Positionen.

Von Bergoglio ist folgendes Zitat uberliefert: "Wenn wir rausgehen auf die Stra?e, dann konnen Unfalle passieren. Aber wenn sich die Kirche nicht offnet, nicht rausgeht, und sich nur um sich selbst schert, wird sie alt." Stimmen Sie solche Worte des neuen Papstes doch hoffnungsvoll?

So wie er gestern auf den Balkon getreten ist, wie er die Leute angesprochen und sich dabei selbst nicht so ernst genommen hat - das war ein Hoffnungszeichen. Denn es hat nicht nur gezeigt, dass Franziskus warmherzig sein kann. Er hat sich auch als Bischof von Rom bezeichnet und damit signalisiert: Ich bin nicht das gro?e Kirchenoberhaupt, sondern einer unter Gleichen.

Was ist Ihr dringlichster Wunsch an den neuen Pontifex?

In der Geschichte der katholischen Kirche, aber auch in der jungeren Vergangenheit sind eine ganze Menge Fehler passiert. Das Thema sexueller Missbrauch und der Umgang damit sind das plakativste Beispiel. Ich wurde mir wunschen, dass Franziskus zu diesen Fehlern steht und um Verzeihung bittet. Und dass er der Frage nachgeht, wie es uberhaupt dazu kommen konnte.

Der neue Papst selbst steht wegen seiner Rolle in der argentinischen Militarjunta in der Kritik. Muss er sich dazu au?ern - auch als Zeichen, dass die katholische Kirche aus den vergangenen Skandalen gelernt hat?

Auch wenn dieser Schritt fur Franziskus schmerzhaft sein mag: Ich glaube, er ware wichtig fur die Glaubwurdigkeit des Petrus-Amtes. Ein Papst, der mit den dunklen Seiten seines Lebens offen umgehen kann, ist authentischer und naher an den Menschen. Petrus selbst war ja auch ein Sunder. Dennoch hat ihm Jesus zugetraut, Fels zu sein - nicht nur Stolperstein.



Vergangenheit des Papstes Bergoglio und Argentiniens dunkle Jahre

Die argentinische Militarjunta verubte jahrelang Graueltaten - und katholische Geistliche wussten davon. Zum Fall zweier Jesuiten, die 1976 monatelang gefoltert worden seien, sollte Bergoglio eine Erklarung vor Gericht abgeben. Er stand jener Gemeinde vor, der die beiden angehorten.

"Wir sind Kirche" hat einen Forderungskatalog mit funf Punkten an die katholische Kirche formuliert. Was glauben Sie, wie viele davon zum Ende von Franziskus' Pontifikat erfullt sein werden?

Ich bin mir ziemlich sicher, dass der neue Papst keine Ara der Reformen begrunden wird. Aber es ist an der Zeit, dass die Kirche ordentlich mit Menschen umgeht, die sich fur Veranderungen starkmachen. Reformer werden im besten Fall ignoriert und im schlimmsten massiv unter Druck gesetzt. So wurden schon Priester, die sich fur ahnliche Dinge eingesetzt haben wie "Wir sind Kirche", mit einem Lehrverbot mundtot gemacht. So darf es nicht weitergehen! Die Kirche muss ihre Kritiker akzeptieren - damit ware furs Erste schon viel erreicht.

Das klingt eher pessimistisch - also wird es auch weiter keine Frauen im Priesteramt geben?

Das kommt darauf an, wie lange Franziskus lebt. Ich denke, bis wir so weit sind, werden nicht Jahre, sondern Jahrzehnte vergehen. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf. Zumal es nicht nur darum geht, Frauen zu ordinieren. Das Priesteramt an sich muss neu gedacht werden - weg vom Kultpriester, der sich hauptsachlich als Reprasentant Christi sieht, hin zum Seelsorger.

 

 

 

 

 




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