| Bericht Zu Missbrauchsfallen Im Kloster Ettal
HPD
March 9, 2013
http://hpd.de/node/15295
Gestern nahmen viele Medien die Veroffentlichung des Berichtes uber die Misshandlungen und den sexuellen Missbrauch im Kloster Ettal zum Anlass, emport auf die Zustande zu reagieren. Doch einige von ihnen versuchen tatsachlich, eine Art "Entschuldigung" fur diese Zustande zu finden.
Bereits im April 2010 wurde bekannt, dass es im Kloster Ettal zu Misshandlungen und sexuellem Missbrauch durch Geistliche gekommen ist. Die Internatsschule des Klosters galt bis dahin - und zum Teil noch heute - als Ausbildungsstatte fur die Elite. Sie hatte bis zur Veroffentlichung des ersten Berichtes einen tadellosen Ruf. Zumindest nach Au?en hin. Denn die Zoglinge des Internates werden schon gewu?t haben, was sich hinter den Mauern abspielte.
Nach Bekanntwerden des Skandals musste der Abt Barnabas Bogle zurucktreten. Jedoch kehrte er nach seiner Rehabilitierung durch den Vatikan wieder in sein Amt zuruck. Das gilt ebenso fur den Schulleiter Maurus Kra?. An 70 Opfer von sexuellem Missbrauch und Misshandlungen zahlte das Kloster Ettal Entschadigungen in Hohe von insgesamt 700.000 Euro aus.
Das Institut fur Praxisforschung und Projektberatung (IPP) hat sich nun im Auftrag des Klosters wissenschaftlich mit der Aufarbeitung des Missbrauchskandals befasst. In dem Bericht wurde festgestellt, dass dieses System aus Unterdruckung, Gewalt und Missbrauch keine Einzelfalle waren - wie von der Kirche oft entschuldigend gegengehalten wird - sondern System hatten. Ein uberaus grausames System. Neben dem Missbrauch durch die "Erzieher" wurde auch eine Kultur der Gewalt der Schuler untereinander geschurt und angeregt: "Schuler mussten sich auf Befehl von Monchen gegenseitig schlagen."
Im Bericht des IPP hei?t es, dass es Ziel war, "ein System der Unterdruckung aufzubauen und zu bewahren, mit dem der Wille der Schuler gebrochen werden und deren Anpassung an die vorgegebenen Regeln erreicht werden sollten".
Den Monchen, die in der Internatsschule tatig waren, wird in dem Bericht weiter bescheinigt: "Es fehlte eine reflektierte und professionelle Internatspadagogik, und es herrschte ein Normalitatsverstandnis von Erziehung, das Korperstrafen als legitimes padagogisches Mittel verstand."
Allein, dass es diese Studie gibt und dass sie veroffentlicht wurde, halt Robert Kohler, selber von 1974 bis 1983 Internatsschuler des Klosters und Grunder des "Vereins der Ettaler Misshandlungs- und Missbrauchsopfer", fur einen gro?en Erfolg. Der Verein will erreichen, dass das Benediktinerkloster die Taten in seinen Mauern wirklich anerkennt. "Das ist ein Meilenstein von den Dingen, die wir gemeinsam mit dem Kloster erarbeitet haben"
Daruber - und uber die Versuche, die Monche zu entschuldigen, weil sie "uberfordert waren" - kann man sicherlich streiten. Was aber in dem ganzen Skandal erstaunlicherweise nicht in Frage gestellt wird, ist die generelle Frage nach der Notwendigkeit, ob Internate uberhaupt durch Monche geleitet werden sollten.
Wo mit Gewalt eine Elite geformt werden soll, muss es mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu Misshandlungen und Missbrauch kommen. Wenn die Monche nicht einmal ansatzweise etwas von Padagogik gehort - geschweige denn: studiert - haben; woher soll dann das Wissen um richtige Erziehung kommen? Wie anders als unterdruckend konnen Manner handeln, die selbst in einem hierarchischem System aufgewachsen sind?
Das bestatigt auch ein Artikel in der Suddeutschen Zeitung (die dem gesamten Skandal dankenswert viel Aufmerksamkeit entgegenbrachte und mit kritischen Kommentaren nicht spart), in dem es hei?t: "Hinzu sei gekommen, so hei?t es in der Studie, dass 'in der katholischen Welt eine reflektierte Auseinandersetzung mit der Sexualitat durch vielfaltige Tabus erschwert' werde. In der Sozialisation der Monche habe das Thema keine Rolle gespielt, 'allenfalls wurde vor der Sexualitat gewarnt' oder sie wurde 'der angstbestimmten Selbstkontrolle uberantwortet'.
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