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Stift Kremsmunster
March 5, 2013

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Vor beinahe drei Jahren sah sich das Stift Kremsmunster mit zahlreichen Missbrauchsvorwurfen konfrontiert. Es wurden unverzuglich Konsequenzen gezogen, vorbehaltlos mit kirchlichen und staatlichen Stellen zusammengearbeitet und zahlreiche Ma?nahmen gesetzt. In zwei Pressekonferenzen (Marz 2010 und Marz 2011) und weiteren offentlichen Erklarungen hat das Stift Kremsmunster Stellung genommen und uber den aktuellen Stand informiert. In dieser Pressekonferenz mochte das Stift uber Ma?nahmen, bisher geleistete Entschadigungszahlungen sowie uber die in Auftrag gegebene wissenschaftliche Aufarbeitung informieren.

1. Bilanz der Opfer und der erfolgten Entschadigungszahlungen

Bei der Unabhangigen Opferschutzanwaltschaft (sogenannte Klasnic-Kommission) wurden insgesamt 38 Falle gemeldet, davon 29 wegen sexuellem Missbrauch. Die meisten dieser Missbrauchsfalle haben sich zwischen 1970 und 1990 ereignet. Durch diese Kommission konnten unburokratisch und rasch Entschadigungszahlungen zuerkannt werden: Die Summe, die das Stift Kremsmunster betrifft, liegt bei uber 700.000.- Euro, davon rund 200.000 fur Therapiekosten. Zuletzt haben sich auch Opfer gemeldet, die wesentlich fruher von inzwischen verstorbenen Angehorigen des Konvents sexuell missbraucht wurden.

2. Externe wissenschaftliche Aufarbeitung in Auftrag gegeben

Eine wissenschaftliche Aufarbeitung ist dem Stift schon seit langerer Zeit ein Anliegen. Experten hatten darauf hingewiesen, dass es eine solche Aufarbeitung notwendig macht, direkte Gesprache auch mit Opfern zu fuhren. Das Stift Kremsmunster hat sich daher entschieden, diese Aufarbeitung erst nach Abschluss der staatsanwaltlichen Ermittlungen zu beginnen, um hier Parallelitaten zu vermeiden.

Seit Oktober 2012 ist das Stift u.a. im Gesprach mit dem Institut fur Praxisforschung und Projektberatung (IPP) in Munchen gewesen, im Janner 2013 ist der Auftrag fur die externe Aufarbeitung erteilt worden. Das IPP wird am 1. Marz die Aufarbeitung beginnen. Dieses Institut ist unabhangig, universitatsnah und hat bereits die wissenschaftliche Aufarbeitung der Missbrauchsfalle im Kloster Ettal durchgefuhrt. Ziel der Studie ist die Aufarbeitung der Vorfalle in Kremsmunster durch empirische Analysen, Interviews etc. Da seit 2010 Vorwurfe bekannt wurden, die bereits verstorbene Mitbruder betreffen, soll die wissenschaftliche Aufarbeitung den Zeitraum ab dem Jahre 1945 untersuchen.

Im Kern sollen mit der Studie – nach den Worten des IPP – vier Fragen beantwortet werden: „Wie waren diese Missbrauchsfalle uberhaupt moglich? Warum konnten die Taten nicht verhindert werden? Warum hat es so lange gedauert, bis diese ans Licht der Offentlichkeit kamen? Warum existieren so viele unterschiedliche Wahrnehmungen an die gleiche Zeit in Kremsmunster?“

Laut Selbstbeschreibung versteht sich das IPP „als sozialpsychologisch fundiertes Forschungs- und Beratungsinstitut, das seit uber 30 Jahren in verschiedenen Bereichen sozialer und offentlicher Dienstleistungen forscht und berat. Die MitarbeiterInnen kommen aus den Disziplinen Soziologie, Psychologie, Architektur, Sozialpadagogik und verfugen uber langjahrige Erfahrungen in den unterschiedlichsten Bereichen sozialwissenschaftlicher Forschung und Beratung.“

3. Ma?nahmen des Stifts und interne Aufarbeitung

Im Marz 2010 wurde drei Patres sexueller Missbrauch zur Last gelegt. Verfahren gegen zwei wurden von der Staatsanwaltschaft Steyr eingestellt, weil die Vorfalle entweder „verjahrt oder strafrechtlich nicht relevant“ waren. Das Stift hat mehrmals – beginnend mit Marz 2010 – offentlich dazu aufgerufen, Vorfalle von Missbrauch bei den zustandigen offiziellen kirchlichen und staatlichen Stellen zu melden. Opfer, die sich direkt mit dem Stift in Verbindung gesetzt haben, wurden dabei ersucht, sich an diese Stellen zu wenden. Das Stift hat unverzuglich klosterinterne personelle Konsequenzen gezogen und Ma?nahmen zur aktiven Aufarbeitung der Missbrauchsfalle umgehend in Angriff genommen.

Mehrmals hat Abt Ambros offentlich die Opfer um Entschuldigung gebeten. Soweit ein direkter Kontakt mit den Opfern moglich war, haben der Abt und andere Mitglieder der Gemeinschaft diese Bitte um Entschuldigung personlich ausgesprochen. Es kam auch zu Aussprachen zwischen Opfern und Beschuldigten. Auch haben Abt Ambros und P. Prior Daniel beispielsweise fur Janner 2012 die dem Kloster bekannten Opfer zu einem gemeinsamen Treffen eingeladen. Ein bereits terminlich fixiertes Folgetreffen mit Schuler- und Elternvertretern sowie Vertretern des Absolventenvereins wurde auf ausdrucklichen Wunsch einiger Opfer wieder abgesagt.

Im Rahmen einer schriftlichen Befragung aller Konventangehorigen sowie der fruheren und derzeitigen Lehrer am Stiftsgymnasium wurde erhoben, ob jemand in der Vergangenheit von konkreten Vorfallen des sexuellen Missbrauchs informiert war. In zwei Fallen hat das zugetroffen. Es handelt sich um jene beiden Patres, deren Verfahren – wie oben gesagt – eingestellt wurden. Beide wurden von den damaligen Verantwortlichen aus dem Internat (1970er Jahre) bzw. aus der Schule (2005) abgezogen. Im ersteren Fall hat das kirchenrechtliche Verfahren ab 2010 interne Auflagen verfugt. Im zweiten Fall lauft derzeit noch ein kirchenrechtliches Verfahren.

Bezuglich Dr. A. M., der nicht mehr Mitglied der Gemeinschaft ist und dem die uberwiegende Zahl der Vorfalle angelastet wird, finden sich weder in den Protokollen des Seniorenrates, des Wirtschaftsrates noch der Kapitel (=Versammlung aller Mitglieder des Konvents) Hinweise auf sexuellen Missbrauch. Eine von uns durchgefuhrte Befragung der damaligen Mitglieder des Seniorenrats ergab, dass in den Gremien des Stifts auch mundlich nie konkret uber Vorwurfe gegen Dr. A. M. gesprochen wurde. Ein 2008 durchgefuhrte strafrechtliches Ermittlungsverfahren (das wegen Verjahrung eingestellt worden ist) hat dieser zunachst dem Kloster verheimlicht und erst 2010 Abt Ambros auf dessen Nachfragen hin zugegeben.

Das Stift erwartet sich von der unabhangigen externen Aufarbeitung, die nun anlauft, unter anderem eine Klarung daruber, warum Geruchten nicht naher nachgegangen wurde.

4. Bewusstmachung und Pravention

In Kloster und Schule stellte man sich bewusst den Vorfallen. Der Konvent wurde in den letzten drei Jahren von Psychologen begleitet, die Schuler der Oberstufe klassenweise uber dieses Thema ausfuhrlich informiert. Offentliche Veranstaltungen brachten die Thematik zur Sprache. Z.B. gab es eine offentliche Lesung in den Raumen des Internats von literarischen Zeugnissen von Misshandlungen und Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen sowie die Auffuhrungen von Felix Mitterers Stuck „Die Beichte“ im Theatersaal des Stiftes Kremsmunster.

Im Stiftsgymnasium wurden seit 2010 eine Reihe von Ma?nahmen gesetzt und Projekte initiiert, die die Schuler sensibel auf Gewalt und sexuellen Missbrauch machen sollen. Eine Professorin leitet das „Psychosoziale Netzwerk“, das in Kremsmunster als einem der ersten Gymnasien in Oberosterreich eingerichtet wurde. Jede Klasse wahlt einen Vertrauenslehrer oder eine Vertrauenslehrerin, es wurde eine standardisierte Evaluation fur alle Lehrkrafte durch die Schuler eingefuhrt, und den Schulerinnen und Schuler steht vor Ort eine vom Stift bezahlte externe Psychologin zur Verfugung. Im November 2012 startete eine Reihe padagogischer Studientage: Jedes Jahr werden die LehrerInnen katholischer Privatschulen Oberosterreichs ins Stift Kremsmunster eingeladen, um sich dem Thema des Umgangs von Lehrern und Schulern zu widmen.

 

 

 

 

 




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