| Dogmen Statt Aufklarung
By Michael Berger
Ln Online
February 17, 2013
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Michael Berger
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Wer dachte, dass sich mit der Wahl eines deutschen Papstes seine Landsleute stärker um die katholische Kirche scharen würden, täuschte sich. Die berühmte „Wir sind Papst“-Schlagzeile vor acht Jahren war witzig, aber das Wir-Gefühl blieb dann doch unterentwickelt.
Benedikt XVI. war im Alltagsbewusstsein der Deutschen eher eine geistliche Trophäe als ein Brückenbauer. Es gab auch unter katholischen Kirchgängern kaum verstärkte Bindungen in die geistige Welt des Vatikans.
Umgekehrt auch nicht: Joseph Ratzinger hatte nur wenig zu den Problemen zu sagen, mit denen sich seine deutschen Glaubensbrüder herumschlugen — auch nicht zur Bewältigung der Missbrauchsskandale.
„Wir werden Pädophile vom Heiligen Dienst absolut ausschließen“, sagte er einmal, und er gemahnte sein priesterliches Fußvolk an die „Zärtlichkeit im Umgang“ Jesu mit Kindern, sah aber nicht, dass darin das Problem lag: in der Distanzlosigkeit von zölibatären Klerikern gegenüber Schutzbefohlenen.
Es fehlte dem Papst nicht an analytischem Verstand. So wenn er sagte: „Die größte Bedrängnis der Kirche kommt nicht von Feinden außerhalb. Sondern sie stammt aus der Sünde innerhalb der Kirche.“ Doch aus dem Befund folgte keine Therapie. Die könnte darin bestehen, dass endlich Frauen in der klerikalen Männergesellschaft aufgenommen würden. Keine Chance. Und was heißt das alles für das kommende Konklave, das einen Nachfolger bestimmen wird? Man hoffe nicht auf einen Mann, der unserem Kulturkreis nahesteht. Denn im Vatikan regieren, egal unter welchem Oberhaupt, auch weiterhin die Dogmen, nicht die Aufklärer. Die Moral der Kirche wird sich, wenn sie sich treu bleiben will, auch künftig von der ihrer mitteleuropäischen Gläubigen entfernen. Gar nicht zu reden von den ethischen Prinzipien derer, die einer anderen Konfession angehören, einer nichtchristlichen Religion oder gar keiner. Für sie, dafür muss man nicht Prophet sein, wird der Kirchenfürst im Vatikan immer belangloser.
Die deutsche katholische Kirche aber könnte etwas mehr von der sprichwörtlichen Beinfreiheit gewinnen, wenn sie nicht mehr Papst-Heimat ist.
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