| „das Ist Eine Mannerdiktatur“
taz
February 8, 2013
http://www.taz.de/Katholische-Priesterin-ueber-die-Kirche/!110594/
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Zu anders um Priester zu sein: Joseph Ratzingers Meinung uber Frauen. Bild: dpa
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taz: Frau Raming, Kardinal Meisner hat darauf reagiert, dass eine vergewaltigte Frau in zwei katholischen Kliniken abgewiesen wurde. Die „Pille danach“ kann nun verschrieben werden. Wie finden Sie das?
Ida Raming: Aufgrund einer Beratung hat der Kardinal anscheinend seine Meinung in gewisser Hinsicht geandert. Aber eine Abtreibung nach einer Vergewaltigung ist immer noch verboten. Von den vergewaltigten Frauen im Bosnien-Krieg wurde von Papst Johannes Paul II. verlangt, dass sie die durch brutale Gewalt gezeugten Foten austrugen. Es kann nicht langer hingenommen werden, dass auf dem Gebiet der Sexuallehre – und nicht nur dort – leitende Manner der Kirche uber den Korper und die Seele der Frau Macht ausuben. Die katholische Kirche ist noch immer eine Mannerdiktatur. Aus meiner Sicht haben die leitenden kirchlichen Amtstrager die lange Geschichte der Frauendiskriminierung bis heute nicht wirklich aufgearbeitet.
Was musste die Kirche tun?
Sie musste einraumen: Die Frau wurde jahrhundertelang als minderwertiges Wesen eingestuft: sie befinde sich deshalb im status subiectionis, im Stand der Unterworfenheit unter den Mann. Das war auch der Grund fur den Ausschluss von Frauen vom Priesteramt, woran bis heute festgehalten wird, wenn auch mit anderen Begrundungen. Die Folge: Frauen sind um ihres Geschlechtes willen von kirchlichen Entscheidungen uber Moral und Glaube ausgeschlossen.
Die katholische Kirche ist einer der gro?ten Arbeitgeber in Deutschland. Kann der Staat zulassen, dass dort Grundrechte nicht gelten?
Das kann und darf aus meiner Sicht nicht so bleiben. Im Grundgesetz steht zwar, dass jede Religionsgemeinschaft „ihre Angelegenheiten selbstandig ordnet und verwaltet“ – aber es wird hinzugefugt: „im Rahmen des fur alle geltenden Gesetzes“. Was bedeutet das? Bislang ist dieser Artikel zugunsten der katholischen Kirche ausgelegt worden. Aber das nehmen heute nicht mehr alle so einfach hin. Die Kirche bekommt ja auch Zuwendungen, staatliche Dotationen, da musste sie sich wenigstens an die Menschenrechte halten.
460 Millionen Euro jahrlich betragen allein die Dotationen des Staates fur die Kirche. Musste nicht der Staat dafur sorgen, dass sich die Kirche an die Grundrechte halt?
Im Jahr 2011 habe ich eine Petition an den Bundestag gerichtet. Ich habe darin um eine grundliche Revision der Staatsleistungen an die katholische Kirche nachgesucht – besonders im Hinblick auf das Gleichberechtigungsgesetz. Wir alle finanzieren uber unsere Steuern auch die Staatsdotationen. Katholische Frauen zahlen fur etwas, wovon sie bis heute in ihrer Kirche ausgeschlossen sind, etwa fur die Besoldung von Pfarrern und Bischofsstuhlen. Vom Petitionsausschuss erhielt ich die Antwort, dass der Staat weder ursachlich noch mittelbar fur die Verletzung von Artikel 3 des Grundgesetzes seitens der Kirche verantwortlich sei. Sie weichen aus.
Wie argumentiert denn die Kirche, wenn man die Menschenrechtsverletzungen diskutieren will?
Unser jetziger Papst argumentiert so: Die Frauen haben die gleiche Wurde wie die Manner. Sie sind gleichwertig, aber andersartig. Und aus der vorgegebenen Andersartigkeit folgert er dann, dass Frauen andere Aufgabenbereiche in der Kirche haben. Aber „andere“ hei?t in diesem Fall immer: ein minderer Aufgabenbereich, mindere Rechte und mindere Entscheidungsvollmachten.
Manner und Frauen sind laut Grundgesetz gleichberechtigt.
Dann horen wir: Das ist weltliches Recht. In der Kirche gelten andere Ma?stabe und Gesetze. Und Frauen in „Mannerberufen“ neigen angeblich zur Vermannlichung, sie handeln im Grunde gegen ihre eigene weibliche Natur. Wir durfen nicht vergessen, dass die Kirchenleitung noch in den 50er Jahren auch gegen das „weltliche“ Gleichberechtigungsgesetz fur Frauen gekampft hat.
Warum diskriminiert die katholische Kirche Frauen? Was ist der Nutzen?
Es steckt vielleicht die Angst dahinter, dass durch einschneidende Reformen an den Fundamenten der Kirche geruttelt wird. Aber es ist wohl auch eine personliche Angst dahinter: Die leitenden Manner der Kirche kommen mit den Frauen nicht zurecht, sind ihnen entfremdet, auch aufgrund des Zolibats. Der Umgang mit Frauen ist nicht unbefangen.
Wann haben Sie sich entschieden, zu rebellieren und sich gegen geltendes Kirchenrecht zur Priesterin weihen zu lassen?
Ich habe mich seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil fur den Zugang von Frauen zu Diakonat und Priesteramt eingesetzt, auch in meiner Dissertation. 1977 kam das erste offizielle Nein gegen die Frauenordination von der Glaubenskongregation. Ihre Argumentation: Jesus habe nur 12 Manner als Apostel berufen – keine Frauen. Dass die Frauen zur Zeit Jesu diskriminiert waren, nicht offentlich lehren durften, wozu die Apostel aber beauftragt waren, dass sie kein offentliches Zeugnis vor Gericht ablegen konnten, davon war keine Rede. Jesus stand in der damaligen judischen Tradition. Aber es ist kein Wort von ihm uberliefert, das eine inferiore Position fur Frauen vorsieht. Eher im Gegenteil: Maria von Magdala und weitere Frauen zahlten zu seinem Jungerkreis, weise und mutige Frauen. Die Exegese des Vatikans ist sehr selektiv, berucksichtigt bis heute keine historischen Entwicklungen in dieser Frage.
Und was gab letztlich den Ausschlag fur Ihren Ungehorsam?
1994 kam von Papst Johannes Paul II. das endgultige Nein: das Apostolische Schreiben „Ordinatio Sacerdotialis“ (Priesterliche Ordination). Darin hei?t es, „dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und dass sich alle Glaubigen der Kirche endgultig an diese Entscheidung zu halten haben“. Da haben wir gesehen: Unsere Argumente nutzen nichts. Es wird hier nicht nach Wahrheit gesucht, sondern es geht hier um Machterhalt. Wir haben uns bei unserer Ordination auf das Bibelwort berufen: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“
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