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„erschutternde Ergebnisse“

Frankfurter Allgemeine
January 17, 2013

http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/missbrauch-in-katholischer-kirche-erschuetternde-ergebnisse-12028299.html

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Der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, der Trierer Bischof Stephan Ackermann (M.): „Keine zufalls- oder uberfallartige Taten“

Der Missbrauchsbeauftragte der katholischen Kirche in Deutschland, der Trierer Bischof Stefan Ackermann, hat den Willen bekraftigt, die wissenschaftlichen Bemuhungen um Aufarbeitung der sexuellen Gewalt im Raum der Kirche „zeitnah und solide“ fortzusetzen. „Wir werden das Versprechen einlosen, das wir den Opfern gegeben haben“, sagte Ackermann am Donnerstag aus Anlass der Vorstellung des Abschlussberichts der Telefonhotline fur Betroffene sexuellen Missbrauchs.

In diesem Bericht, der im Internet unter www.hilfe-missbrauch.de fur jedermann zuganglich ist, sind in weltweit einmaliger Weise mehr als 8400 Gesprache mit Opfern oder deren Vertrauenspersonen ausgewertet, die sich zwischen dem Fruhjahr 2010 und Ende 2012 das Angebot der Bischofe genutzt hatten, anonym von ihrem Schicksal zu berichten.

„Geplante Gewalt“

In drei Viertel der Falle wurden dabei Funktionstrager aus dem kirchlichen Raum sexueller Gewalt bezichtigt, wobei das Gros der Taten viele Jahrzehnte zuruckliegt. Zu jeder Zeit aber sei sexuelle Gewalt uberwiegend „planvoll“ ausgeubt worden, und nicht spontan oder als Folge situativer Enthemmung. Allerdings, so der Fachverantwortliche fur die Hotline, Andreas Zimmer, hatten die Meldungen der Betroffenen oder ihrer Angehorigen immer „Wirkung“ - zumal die wenigsten Kontakt mit Strafverfolgungsbehorden aufgenommen hatten und zumeist mehr als vier Jahrzehnte zwischen den Taten und dem Sprechen daruber lagen.

Viele Opfer sexueller Gewalt gelangten durch die Hotline erstmals zu Einrichtungen, in denen die beraterische oder therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen konnten. Bemerkenswert hoch war unter den Anrufern der Anteil der Manner, denen als Kinder oder Jugendliche sexuelle Gewalt angetan worden war. Das liege zum einen daran, so Zimmer, dass es in kirchlichen Heimen oder Internaten immer weitaus mehr Knaben als Madchen gegeben habe.

Tater schoben sich Opfer gegenseitig zu

Allerdings enthielten die Berichte der Opfer auch Hinweise auf mannliche und auch weibliche Tater, die im Schutz von Institutionen oder Einrichtungen „standortubergreifend“ kooperiert hatten - will sagen, einander die zumeist schutzbedurftigen Opfer zugefuhrt hatten.

Ihrer Struktur nach lie?en sich die Delikte im Raum der Kirche vergleichen mit jenen, die im Umkreis der „helfenden Berufe“ typisch sein, sagte Zimmer. Allerdings trage die sexuelle Gewalt der Kirche auch spezifisch „katholische“ Zuge. Tater hatten gezielt die moralische Autoritat des Priesteramtes zunutze gemacht, die psychische Wirkung von Riten wie Beichte oder Gebet benutzt, um Macht uber Kinder zu gewinnen - bis dahin, dass Minderjahrigen vorgetauscht wurden, die Ubergriffe seien Ausdruck „liebender Verbundenheit in Christus oder Auserwahlung vor Gott.“

„Entsetzt und beschamt“

Bischof Ackermann au?erte sich ob solcher „Perfidie“ entsetzt und beschamt. Die Ergebnisse seien durch nichts zu beschonigen, sagte der Bischof. Allerdings werde seitens der Kirche auch nichts beschonigt, was als Beweis der festen Absicht der Bischofe genommen werden solle, sich einer „offenen wissenschaftlichen Aufarbeitung“ des Umfangs und der Ursachen sexueller Gewalt in der Kirche zu stellen und die Freiheit der Wissenschaft zu respektieren.

Ackermann zeigte sich gewiss, das die Auswertungsergebnisse der Hotline in die bevorstehende Uberprufung der kirchlichen Schutzkonzepte sowie der Praventionsstrategien Eingang fanden. Uber den „Neustart“ des kriminologischen Forschungsprojekts sagte Ackermann, es gebe noch keinen Zeitplan, aber Kontakte mit interessierten Wissenschaftlern und Forschungseinrichtungen. Zudem fange man nicht mehr am Nullpunkt an, sondern konne die datenschutz- und personlichkeitsrechtliche Problematik besser ermessen. „Wir schieben nichts auf die lange Bank“ sagte Ackermann.

Der Hannoveraner Kriminologe Christian Pfeiffer wiederholte unterdessen in mehreren Medien den Vorwurf, die Kirche hatte in seine Forschungen zensierend eingreifen wollen. Der Wochenzeitung „Die Zeit“ sagte der Kriminologe aber auch, er glaube, dass eine beachtliche Zahl von Bischofen wirklich aufklaren wolle und fuhr fort: „Unsere wissenschaftlichen Nachfolger werden also von diesem Kampf, den wir hier gefuhrt haben, profitieren. Zensurregeln kann man ihnen nicht mehr zumuten.“

 

 

 

 

 




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