| Erklarung Des Bischofs Zum Streit Uber Die Missbrauchs-studie
The Munster
January 12, 2013
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Bistum. Die Kundigung der Zusammenarbeit der Deutschen Bischofskonferenz mit dem Kriminologen Christian Pfeiffer bei der Erforschung von Fallen sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche am Mittwoch (09.01.2013) hat erhebliche Irritationen ausgelost. Zu Beginn der Predigt im Gottesdienst aus Anlass des Neujahrsempfangs des Diozesankomitees der Katholiken im Bistum Munster am Samstag (12.01.2013) gab Bischof Felix Genn dazu folgende Erklarung ab:
Liebe Schwestern und Bruder im Glauben, der jahrliche Neujahrsempfang des Diozesankomitees der Katholiken im Bistum Munster ist fur mich immer eine willkommene Gelegenheit, allen zu danken, die auf den unterschiedlichen Ebenen in den verschiedenen Verbanden unseres Bistums und nicht zuletzt eben im Diozesankomitee mitarbeiten, um Kirche in unserem Bistum ein Gesicht zu geben. Deshalb nehmen Sie auch immer wieder Anteil an Entwicklungen und Prozessen, die in der Offentlichkeit mit dem Thema Kirche in Verbindung gebracht werden.
In dieser Woche war das in besonderer Weise der Fall. Alle haben teilgenommen daran, dass in den letzten Tagen die Medien intensiv uber die Beendigung der Zusammenarbeit der Deutschen Bischofskonferenz mit dem Kriminologischen Institut Niedersachsen (KFN) unter der Leitung von Professor Dr. Christian Pfeiffer berichtet haben. Dazu mochte ich heute eine Stellungnahme abgeben, die Ihnen helfen kann, in den vielfaltigen Diskussionen, in die auch Sie hineingestellt sind, eine Orientierung unsererseits zu finden.
Das Institut hatte den Auftrag, die Taten sexualisierter Gewalt durch Priester, Diakone und mannliche Ordensangehorige kriminologisch zu erforschen. Nach der Beendigung der Zusammenarbeit sah sich die katholische Kirche einer massiven Kritik ausgesetzt. "Kirche stoppt Aufklarung des Missbrauchsskandals" – "Die Operation Aufarbeitung ist gescheitert" lauteten nur zwei von vielen kritischen Uberschriften. Fur viele, leider auch fur viele Opfer sexualisierter Gewalt, scheint die Beendigung der Zusammenarbeit mit dem KFN wieder einmal zu bestatigen, was sie ohnehin schon immer angenommen haben:
- eine wirkliche Aufklarung will die Kirche nicht;
- es soll weiter vertuscht werden;
- die Kirche ist nicht lernfahig und zeigt verkrustete Strukturen, ja, sie ist wissenschaftsfeindlich.
Es wurde sogar, ausgehend von Professor Pfeiffer selbst, der Vorwurf erhoben, die Kirche wolle Zensur uben. Dagegen haben wir uns als Bischofe auch durch rechtliche Schritte eindeutig verwahrt. Differenzierungen scheinen in dieser Situation kaum moglich, vermittelbar sind sie fur uns als Kirche kaum. Umso wichtiger ist es mir, sie dennoch vorzunehmen und sie Ihnen auch hier vorzustellen.
Es kann keine Rede davon sein, dass die katholische Kirche die Aufklarung des Missbrauchsskandals stoppt. Das Gegenteil ist richtig: Wir haben uns in Deutschland in den vergangenen drei Jahren intensiv und mit zahlreichen Ma?nahmen um eine grundliche und transparente Aufarbeitung der Falle sexualisierter Gewalt bemuht und werden dies auch weiterhin mit gro?em Engagement tun.
Dazu kommt: Wir bleiben dabei nicht stehen, sondern haben daruber hinaus bereits zahlreiche Initiativen zur kunftigen Pravention sexualisierter Gewalt auf den Weg gebracht. So wurde vor einem Monat eine Studie, die von Professor Leygraf verantwortet ist, in der Offentlichkeit vorgestellt. Hier ging es um die Analyse der Gutachten, die zu Priestern erstellt wurden, die sich sexualisierter Gewalt schuldig gemacht haben. Wer behauptet, die Kirche wolle sich der Wahrheit nicht stellen, wird gerade durch diese Studie eines Anderen und Bessern belehrt.
Professor Dr. Pfeiffer und andere erheben den Vorwurf, die Deutsche Bischofskonferenz habe die Veroffentlichung der Ergebnisse zensieren wollen. Dabei nimmt Professor Dr. Pfeiffer jedoch immer Bezug auf einen ersten Vertragsentwurf vom Mai 2012. In spateren Vertragsentwurfen vom Juni und September 2012, an deren Erarbeitung Professor Dr. Pfeiffer selbst beteiligt war, war sowohl ausdrucklich die Freiheit der wissenschaftlichen Veroffentlichung garantiert als auch die Freiheit der Veroffentlichung der Ergebnisse in den Massenmedien.
Im Blick auf die Veroffentlichung in den Massenmedien sollte lediglich, wenn moglich, zwischen den Vertragspartnern ein Einverstandnis hergestellt werden, ohne dass eine der beiden Seiten aber ein Vetorecht gehabt hatte. Von daher steht der Vorwurf der Zensur im Widerspruch zur Wirklichkeit. Deshalb ist es auch falsch und irrefuhrend zu sagen, die katholische Kirche respektiere die Freiheit der Wissenschaft nicht.
Allerdings sind wir verpflichtet, uns auch an Recht und Gesetz zu halten, vor allem, wenn es um personenbezogene Daten geht. Bei Forschungsprojekten, die damit zu tun haben, sind unbedingt die Personlichkeitsrechte von Betroffenen, auch wenn sie Tater waren, zu beachten. Zudem mussen ganz selbstverstandliche wissenschaftliche Standards eingehalten werden. Ich nenne die datenschutzrechtlichen Fragen, die Anonymisierung von personenbezogenen Daten und die Problematik der sicheren Aufbewahrung solch hochsensibler Unterlagen.
Letzten Endes haben alle Gesprache bis in den Dezember des vergangenen Jahres hinein gezeigt, dass diese Probleme in der Arbeit von Professor Pfeiffer nicht sichergestellt waren. Unter der Leitung eines Mitgliedes desselben Forschungsinstitutes (!) haben zuletzt die Verantwortlichen der Bischofskonferenz noch eine Mediation versucht, die aber gescheitert ist.
Liebe Schwestern und Bruder, das alles steckt dahinter, wenn gesagt wird, die Vertrauensbasis der Zusammenarbeit sei gestort. Was das im konkreten Leben bedeuten kann, wissen Sie selbst auch. Sie wissen auch, was es bedeutet, wenn personenbezogene Daten, die Sie betreffen, in Ihrem Betrieb nicht gesichert sind. Die hochkomplexe Angelegenheit einfach darzustellen, ist au?erst schwierig.
Wir waren uns bei unserer Entscheidung bewusst, dass Professor Pfeiffer sich medial sehr gut darstellen wird, dass wir dabei allerdings auch Vertrauen verlieren wurden. Trotzdem mussten wir diesen Schritt gehen, wir hatten namlich auf Dauer immer wieder mit unuberbruckbaren Gegensatzen kampfen mussen. Das ist aber der Sache als solcher abtraglich. Deshalb suchen wir einen neuen Partner, der nicht Gefalligkeitsgutachten erstellt, sondern die erforderlichen wissenschaftlichen Standards erfullt, und mit dem eine vertrauensvolle Zusammenarbeit eher moglich ist. Das Grundziel der Aufklarung ist nicht zu hinterfragen und bleibt bestehen.
Liebe Schwestern und Bruder, durch diese aktuellen Ereignisse ist wieder einmal viel Vertrauen in die katholische Kirche zerstort worden. Wir mussen uns naturlich auch fragen, wo wir hatten vorsichtiger sein mussen, zum Beispiel im Blick auf die Klarung der datenschutzrechtlichen Fragen vor Beginn des Projektes. Ich bitte Sie auf jeden Fall, das Vertrauen nicht zu verlieren und mitzuhelfen, wo auch immer Sie stehen, Klischees entgegenzutreten und um Vertrauen zu werben. Ich stehe unerschutterlich zu dem Grundanliegen, die Missbrauchssituation aufzuklaren und bin zuversichtlich, dass wir diesen bereits auf vielfache Weise begonnenen Weg zu Ende gehen werden.
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