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" Mit Scharfer Kritik K�nnen Die Bisch�fe Nicht Umgehen"

Sudwest Presse
January 10, 2013

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Christian Pfeiffer Die Deutsche Bischofskonferenz kündigte vorzeitig den Vertrag mit dem Kriminologen Christian Pfeiffer. Foto: dpa/ Archiv

Die katholischen Bischöfe haben ihre Zusammenarbeit mit dem Kriminologen Christian Pfeiffer bei der Erforschung sexuellen Missbrauchs aufgekündigt. Wir sprachen mit dem Leiter des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN).

Die katholische Kirche wirft Ihnen vor, das Vertrauensverhältnis gestört zu haben. Deshalb habe sie das Forschungsprojekt gekündigt. Was ist vorgefallen?

CHRISTIAN PFEIFFER: Ich muss erst einmal Positives zu Bischof Ackermann sagen. Er hat sich außerordentlich um das Gelingen des Projektes bemüht. Er stand auch an unserer Seite, als es erste Anzeichen gab, dass einige Diözesen mehr Macht für die Kirche wünschen. Doch es ist ihm leider nicht gelungen, die Abweichler zu überzeugen. Der VDD hat uns im Mai 2012 einen neuen Vertrag abverlangt, um die Bischöfe zu beruhigen.

Das heißt ein bestehender Vertrag sollte einseitig verschärft werden .

PFEIFFER: Ja, man hat von uns verlangt, dass wir Regelungen zustimmen, die der Kirche ein Zensurrecht einräumen. Im Einzelnen hieß das, dass wir alle Texte zur Genehmigung vorlegen – Doktorarbeiten, Forschungsaufsätze, Habilitationen – und dass die Kirche dann entscheidet, ob sie den Text freigibt oder Änderungen wünscht. Widersetzten wir uns den Änderungswünschen, hätte sie das Recht gehabt, die Veröffentlichung zu verbieten. Der Vertrauensverlust ist dann, vielleicht dadurch entstanden, dass ich sehr deutlich sagte, dass wir Zensur zuletzt in der DDR hatten. Mit scharfer Kritik können die Bischöfe nicht umgehen.

Gab es eine Kompromisslinie?

PFEIFFER: Das einzige, das wir tun konnten, war der katholischen Kirche einzuräumen nach jedem Kapitel unseres Forschungsberichts abweichende Positionen zum Ausdruck zu bringen. Die Kirche beharrte jedoch auf einem abgeschwächten Zensurrecht. Das hat unsere Doktoranden nicht beruhigt. Dann wollte sie noch ein Mitspracherecht bei der Einstellung von Mitarbeitern, was gar nicht geht.

Kam dieser neue Kurs aus dem Nichts oder gab es eine Vorgeschichte?

PFEIFFER: Vielleicht ja. Es gab plötzlich die Erkenntnis, dass diese Forschung für die Kirche einige Dinge in Frage stellen könnte, das Zölibat beispielsweise. Oder dass die Kirche über Jahrzehnte Priester, die Kinder und Jugendliche missbraucht hatten, geschützt hat, dass sie Opfer mit Geld zum Schweigen gebracht hat. Der Kirche wurde allmählich bewusst, was sie uns da an Forschungsfreiheit eingeräumt hat. Manche sahen das als zu gefährlich an und haben den Widerstand organisiert.

Hatte Sie bis zum Sommer 2012 das Gefühl, die 27 Diözesen arbeiten mit?

PFEIFFER: Die ersten Anzeichen auf Widerstand kamen im Herbst 2011 aus München, dann opponierte Regensburg ganz offen. Und dann hörte ich nur, dass es weitere Bistümer gäbe, die Kritik an unserem Vorgehen äußerten. Aber da weiß ich nichts Genaueres.

Haben Sie das Gefühl, die katholische Kirche hat sich mit dem Projekt „schonungslose Aufklärung“ übernommen?

PFEIFFER: Sie hat zumindest daraus gelernt, wie groß die Widerstände intern sind, bei einzelnen Priestern, bei einzelnen Bistümern. Wenn andere Wissenschaftler am Projekt weiterarbeiten, kann ich ihnen nur raten, mit jedem einzelnen Bischof einen Vertrag zu schließen. Wir mussten schmerzhaft lernen, dass ein Vertrag mit der Bischofskonferenz nichts wert ist, weil jeder Bischof nach wie vor tun kann, was er will.

Aber die Bischofskonferenz hat sich doch ausdrücklich hinter das Projekt gestellt .

PFEIFFER: Das war aber nicht bindend. Ich habe mich auf das Handzeichen verlassen. Das ist aber nur eine Willensbekundung.

Rechnen Sie damit, dass die wissenschaftliche Aufarbeitung des Missbrauchsskandals weitergeht?

PFEIFFER: Es kann sein, dass die Kirche aus dem Schaden lernt. Bei uns hat sie sich verrannt in ihre eigenen Ängste und Befürchtungen. Wenn sie klug ist, fängt sie nochmal von vorne an.

Was bedeutet der Ausstieg der Bischöfe für Ihre Arbeit?

PFEIFFER: Eine Forschung werden wir sicher durchführen. Wir haben ja bereits qualifizierte Interviews mit Opfern. Die zweite Forschung hoffen wir retten zu können – nämlich die Befragung kirchlicher Missbrauchsopfer per Fragebogen. Es gibt vergleichend dazu eine Erhebung auf Seiten der Bundesregierung. Dann hätten wir die weltweit einmalige Chance zu vergleichen, was ist das besondere bei einem Missbrauch durch kirchliche Mitarbeiter.




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