BishopAccountability.org

Pfeiffer K�ndigt Eigene Studie Zu Missbrauch in Kirche an

Ruhr Nachrichten
January 9, 2013

www.ruhrnachrichten.de/nachrichten/politik/inland/Pfeiffer-kuendigt-eigene-Studie-zu-Missbrauch-in-Kirche-an;art29862,1874095

Eine Engelsfigur über einem Beichtstuhl in der Basilika Vierzehnheiligen in Bad Staffelstein: Die Studie zum Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche wurde abgebrochen.

Die Deutsche Bischofskonferenz kündigte vorzeitig den Vertrag mit dem Kriminologen Christian Pfeiffer. Foto: dpa/ Archiv (Foto: dpa)

Bonn/Trier Deutschlands katholische Bischöfe suchen einen neuen Partner für die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals. Zu den bisherigen Experten haben sie kein Vertrauen mehr und suchen nun nach einem neuen Partner. Die Kriminologen beklagen Zensur.

Nach einem Streit um die Veröffentlichung kircheninterner Daten ist das 2011 gestartete Forschungsprojekt zur Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche vorerst gescheitert. Am Mittwoch kündigten die Bischöfe vorzeitig den Vertrag mit dem Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen, dessen Leiter Christian Pfeiffer der Kirche Zensur vorwarf. Die Deutsche Bischofskonferenz will das Projekt aber fortführen und sich dafür einen anderen wissenschaftlichen Partner suchen. Auch Pfeiffer will weitermachen - ohne Unterstützung des Klerus.

Vertrauen "unverzichtbar"

„Das Vertrauensverhältnis zwischen dem Direktor des Instituts und den deutschen Bischöfen ist zerrüttet“, erklärte ihr Missbrauchsbeauftragter, Triers Bischof Stephan Ackermann. Vertrauen sei aber „für ein so umfangreiches und sensibles Projekt unverzichtbar“.

er Streit zwischen Pfeiffer und den Bischöfen ging vor allem um die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen. Die Kirche habe die Veröffentlichung von Ergebnissen nach Widerstand aus einzelnen Diözesen nachträglich reglementieren wollen, obwohl alle Bistümer dem Projekt beim Start zugestimmt hätten, sagte Pfeiffer. Sein Institut sei nicht bereit gewesen, sich einer Zensur zu beugen. Kritiker in der Kirche hätten auf der Möglichkeit bestanden, Veröffentlichungen aus wichtigen Gründen zu verbieten und auf jeden Fall von einer schriftlichen Zustimmung abhängig zu machen, so Pfeiffer.

Missbrauchsakten vernichtet

Weiter sagte der bekannte Kriminologe, er habe auch Hinweise erhalten, dass in mehreren Diözesen Missbrauchsakten vernichtet worden seien. Dies wurde von der Bischofskonferenz bestritten.

Die katholische Kirche hatte mit dem Forschungsprojekt auf den Missbrauchsskandal reagiert, der sie 2010 erschüttert hatte. Die sexuellen Übergriffe von Priestern und anderen Geistlichen vor allem in den Jahren 1950 bis 1980 sollten wissenschaftlich analysiert werden, um neuen Missbrauch zu verhindern und das Vertrauen zurückzugewinnen. Die Studie war bis 2014 angelegt und umfasste nicht zuletzt die Auswertung Hunderttausender Akten aus den Kirchenarchiven. Nicht jeder Bischof war von dem Vorhaben begeistert, dafür die streng gehüteten Archive zu öffnen.

Ackermann kritisiert Pfeiffer

Eineinhalb Jahre nach dem Startschuss des Projekts erklärte Bischof Ackermann: „Das Kommunikationsverhalten von Professor Pfeiffer gegenüber den kirchlichen Verantwortungsträgern hat leider einer weiteren konstruktiven Zusammenarbeit jede Vertrauensgrundlage entzogen.“ Die Kündigung hänge „allein mit dem mangelnden Vertrauen in die Person von Professor Pfeiffer“ zusammen. Die Bischöfe hätten den Vertrag „aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung“ gekündigt.

Ackermann zeigte sich zuversichtlich, dass man „schon bald das Forschungsprojekt mit anderen Partnern in Angriff nehmen“ könne. Bereits in der nächsten Woche sollten dazu „die nötigen Gespräche“ geführt werden. Pfeiffer kündigte eine eigene Untersuchung an und rief Opfer von Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen auf, für eine anonyme Befragung mit dem Forschungsinstitut Kontakt aufzunehmen.

Aufklärung gefordert

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) forderte Aufklärung von der katholischen Kirche. „Der Vorwurf, Zensur und Kontrollwünsche behinderten eine unabhängige Aufarbeitung, sollte durch den Vorsitzenden der Bischofskonferenz schnell aus der Welt geschafft werden“, sagte sie der „Süddeutschen Zeitung“ (Donnerstag) an die Adresse von Erzbischof Robert Zollitsch gerichtet. „Es ist ein notwendiger und überfälliger Schritt, dass sich die katholische Kirche öffnet und erstmals kirchenfremden Fachleuten Zugang zu den Kirchenarchiven ermöglicht. Die dramatischen Erschütterungen des Jahres 2010 dürfen nicht in einer halbherzigen Aufarbeitung versickern.“

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück, bedauerte das vorläufige Scheitern des Projekts. Das Anliegen sei damit aber nicht erledigt und müsse in einem neuen Projekt angegangen werden. Anerkannt werden müsse, dass die katholische Kirche seit dem Bekanntwerden des Missbrauchsskandals bereits enorme Anstrengungen zur Aufarbeitung unternommen habe.




.


Any original material on these pages is copyright © BishopAccountability.org 2004. Reproduce freely with attribution.