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Bischofskonferenz Stoppt Wissenschaftliche Studie

Frankfurter Allgemeine
January 9, 2013

http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/missbrauch-in-katholischer-kirche-bischofskonferenz-stoppt-wissenschaftliche-studie-12018750.html

Eine umfassende Aufarbeitung des Missbrauchsskandals der Kirche droht zu scheitern.

09.01.2013 ·  Die Deutsche Bischofskonferenz hat eine Studie zum Missbrauch in der Katholischen Kirche gestoppt. Der Vertrag mit dem Institut des Kriminologen Pfeiffer wurde gekündigt. Pfeiffer nennt „Zensur- und Kontrollwünsche der Kirche“ als Gründe für das Scheitern.

Das Forschungsprojekt zur Untersuchung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche ist  vorerst gescheitert. Wie die Deutsche Bischofskonferenz an diesem Mittwochmorgen erklärte, wurde der Vertrag mit dem Kriminologischen  Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) „aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung“ gekündigt. Die Kirche suche nun einen „anderen Vertragspartner“ für die Fortsetzung des Projekts.

Zuvor hatte der Direktor des KFN, Christian Pfeiffer, schwere Vorwürfe gegen die katholische Kirche erhoben. Das Projekt sei „an den Zensur- und  Kontrollwünschen der Kirche gescheitert“, sagte Peiffer in der in der „Süddeutschen Zeitung“. Entgegen der ursprünglichen Vereinbarung habe die Kirche darauf beharrt, über die Veröffentlichung der Forschungsergebnisse sowie über die Auswahl der beteiligten Mitarbeiter mitbestimmen zu dürfen.

„Vertrauensverhältnis zerrüttet“

Der Missbrauchsbeauftragte der Katholischen Kirche, der Trierer Bischof Stephan Ackermann, sagte: „Das Vertrauensverhältnis zwischen dem Direktor des Instituts und den deutschen Bischöfen ist zerrüttet.“ Pfeiffers Kommunikationsverhalten gegenüber den kirchlichen Verantwortungsträgern habe „leider einer weiteren konstruktiven Zusammenarbeit jede Vertrauensgrundlage entzogen.“ Vertrauen sei aber „für ein so umfangreiches und sensibles Projekt unverzichtbar“. Die Bischofskonferenz werde sich einen anderen Partner für das Projekt suchen.

Der Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) und das  Forschungsinstitut hatten im Juli 2011 das Projekt vertraglich vereinbart. Laut KFN war es als weltweit umfassendste Untersuchung  zu dem Thema angelegt. Akten aller Diözesen sollten teilweise seit Kriegsende auf Missbrauchsfälle untersucht und sämtliche Opfer schriftlich befragt werden. Zudem waren Interviews mit Opfern und Tätern geplant.

Pfeiffer will Projekt fortführen

Pfeiffer ist über die nachträgliche Forderung des VDD entrüstet, in die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen eingreifen zu können. Offenbar wollte die Kirche nach Widerstand in den eigenen Reihen Veröffentlichungen der Ergebnisse notfalls verbieten, zumindest aber schriftlich genehmigen wollen. Pfeiffer sagte an diesem Mittwoch im ZDF-“Morgenmagazin“, dies sei für einen Doktoranden „inakzeptabel“. Er rief die mutmaßlichen Missbrauchsopfer zudem auf, sich nun freiwillig zu melden, um das Projekt fortführen zu können. Dazu sollten entsprechende Fragebögen verschickt werden.

Der 2010 bekanntgewordene Skandal um den jahrzehntelangen sexuellen Missbrauch vieler Kinder und Jugendlicher in katholischen Einrichtungen hatte die Kirche in ihren Grundfesten erschüttert. Am Berliner Jesuiten-Gymnasium Canisius-Kolleg, aber auch in anderen Ordensschulen sowie in Pfarreien hatten Geistliche Kinder und Jugendliche sexuell missbraucht. Ebenso wurden aus evangelischen und weltlichen Einrichtungen wie der Odenwaldschule zahlreiche Übergriffe bekannt. Das Forschungsvorhaben war von der Kirche als ein Baustein gedacht, um die Problematik zu analysieren, neue Missbrauchsfälle zu verhindern und Vertrauen zurückzugewinnen.

Akten vernichtet?

Um Licht in das dunkle Kapitel der Kirche zu bringen, sollte das Forschungsinstitut den sexuellen Missbrauch von Minderjährigen auf der Grundlage von Personalakten seit 1945 unabhängig aufarbeiten. Zur Wahrung des Datenschutzes hätte es anonymisierte Daten aus den Akten erhalten, die Archivmitarbeiter und geschulte Juristen sichten sollten. Damit hätten erstmals kirchenfremde Fachleute Zugang zu den Kirchenarchiven erhalten. Ein Zusammenschluss konservativer Priester protestierte aber schnell gegen fremde Blicke in die Akten.

Pfeiffer sagte, er habe Hinweise erhalten, dass in mehreren Diözesen Missbrauchsakten vernichtet worden seien. Der Sekretär der Bischofskonferenz, Hans Langendörfer, widersprach dieser Darstellung. „Für eine Vernichtung von Täterakten habe ich keinerlei Anhaltspunkte.“

Die katholische Kirche in Berlin will trotz der Kündigungweiter an dem Thema arbeiten. „Für uns ist die Sache nicht abgeschlossen“, sagte ein Sprecher des Erzbistums Berlin am Mittwoch. Wenn die Missbrauchsstudie nun nicht durchgeführt werde wie

ursprünglich geplant, so werde sich ein neuer externer Partner dafür finden. „Auf anderen Ebenen ist außerdem bereits sehr viel passiert“, sagte der Sprecher. So sei in Berlin ein katholisches Präventionsnetzwerk Kinderschutz eingerichtet worden, in dem alle

katholischen Institutionen zusammengeschlossen seien.




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