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Pädophilie Bei Priestern ...

Psychologie-Actuell
December 9, 2012

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Die Deutsche Bischofskonferenz und das Institut für Forensische Psychiatrie der Universität Duisburg-Essen haben heute in Trier die Ergebnisse der Studie „Sexuelle Übergriffe durch katholische Geistliche in Deutschland – Eine Analyse forensischer Gutachten 2000-2010“ vorgestellt.

Bereits im Jahr 2002 gab die Deutsche Bischofskonferenz für alle Diözesen verbindliche Leitlinien zum Umgang mit sexuellem Missbrauch innerhalb der katholischen Kirche heraus und beauftragte seitdem auch kontinuierlich forensisch-psychiatrische Gutachten. Die Institute für Forensische Psychiatrie der Universität Duisburg-Essen unter Leitung von Professor Dr. med. Norbert Leygraf, der Charité-Universitätsmedizin Berlin mit dem Leiter Professor Dr. med. Hans Ludwig Kröber und der Sektion Forensische Psychotherapie der Universität Ulm unter Leitung von Professor Dr. med. Friedemann Pfäfflin erstellten den Großteil dieser Gutachten. Unter Mitarbeit von Dr. Andrej König von der Fachhochschule Dortmund, Fachbereich Angewandte Sozialwissenschaften, Methodenlehre und Forensische Psychologie, begann im April 2011 die Erarbeitung der Studie zu sexuellen Übergriffen in der katholischen Kirche in Deutschland, in der Gutachten im Zeitraum 2000 bis 2010 ausgewertet wurden, und deren Ergebnisse jetzt vorliegen.

„Nach Beginn der öffentlichen Diskussion 2010 über sexuelle Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche und der Überarbeitung unserer Leitlinien haben wir uns dazu entschlossen, die gutachterlich gewonnenen Erkenntnisse systematisch zu erfassen und wissenschaftlich auszuwerten. Die Vorstellung der Ergebnisse stellt einen weiteren wichtigen Schritt in unseren Bemühungen zur transparenten Missbrauchsaufarbeitung in der katholischen Kirche dar“, erklärte Bischof Dr. Stephan Ackermann (Trier), der Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz für Fragen des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger im kirchlichen Bereich.

21 deutsche Bistümer reichten insgesamt 93 Gutachten ein. Nach Ausschluss von Gutachten, die nicht den Prüfkriterien entsprachen, umfasste die Gesamtstichprobe 78 katholische Geistliche. Ziel der Studie ist es, die Gruppe katholischer Geistlicher, die aufgrund vorgeworfener sexueller Übergriffe psychiatrisch und psychologisch begutachtet wurden, in Bezug auf forensisch und klinisch relevante Aspekte zu beschreiben. Empirische Daten über die Persönlichkeit beschuldigter Priester und deren Taten wurden mit allgemein bei sexuellen Missbrauchshandlungen bekannten Befunden abgeglichen, um wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zu erhalten. Der Schwerpunkt der Studie liegt dabei nicht auf einer umfassenden historischen Abbildung, sondern auf Vorwürfen, die zwischen den Jahren 2000 und 2010 begutachtet wurden. Die Vorfälle selbst lagen dabei häufig deutlich länger zurück. „Die Mehrheit der bekannt gewordenen Übergriffe fand zwischen den 1960er und 1990er Jahren und somit in einer Zeit statt, in der noch ein anderes gesellschaftliches Bewusstsein und eine geringere Sensibilität für das Thema sexueller Handlungen an Kindern und Jugendlichen vorherrschte. Das Verständnis hat sich im Laufe der Jahre sowohl innerhalb der katholischen Kirche als auch gesamtgesellschaftlich gewandelt – heute stehen größtmögliche Transparenz und das Bemühen um rasche Aufklärung von Missbrauchsfällen im Mittelpunkt“, so Professor Leygraf.

Der Großteil der bei den Bistümern eingegangenen Meldungen von sexuellen Handlungen mit Körperkontakt zu den Betroffenen sei insbesondere in den letzten drei Jahren erfolgt. Im Gegensatz dazu sei sexuelles Fehlverhalten ohne Körperkontakt zum Opfer, insbesondere der Konsum von Kinderpornografie im Internet, den Bistümern ausschließlich in den vergangenen zehn Jahren gemeldet worden. Diesbezüglich entspräche die Situation innerhalb der katholischen Kirche der gesamtgesellschaftlichen Problematik.

„Etwa die Hälfte der Gutachten des letzten Jahrzehnts wurde im Jahr 2010 in Auftrag gegeben. Das vermehrte Hinzuziehen externer Sachverständiger durch die Kirche ist als ein wichtiger Schritt in Richtung Transparenz und Vergangenheitsbewältigung zu bewerten“, so Professor Leygraf.

Die Anschuldigungen gegenüber katholischen Geistlichen seien äußerst heterogen und würden von Saunabesuchen in öffentlichen Schwimmbädern, Beschwerden über einvernehmliche sexuelle Kontakte zwischen Geistlichen und anderen erwachsenen Personen über gewaltfreie Umarmungen vollständig bekleideter Jugendlicher auf einer Kirchenfreizeit bis hin zu gravierenden Vorwürfen wie Manipulation an den Genitalien von minderjährigen Kindern, dem Besitz und Konsum kinderpornografischen Materials oder sexuellem Missbrauch widerstandsunfähiger Personen reichen. Im Einklang mit internationalen Befunden hätte es deutlich mehr männliche als weibliche Betroffene gegeben, was laut Professor Leygraf damit zusammenhängen könnte, dass Mädchen bis in die 1980er Jahre kaum als Ministranten tätig waren und katholische Geistliche somit über ihren Beruf seltener einen direkten Zugang zu Mädchen gehabt hätten. Die Belastung durch psychische Erkrankungen bei den begutachteten katholischen Geistlichen sei vergleichbar mit Krankheitsbildern in der deutschen Allgemeinbevölkerung.

„Insbesondere eine sexuelle Präferenzstörung im Sinne einer Pädophilie oder Hebephilie wurde nur bei einer Minderheit der Geistlichen diagnostiziert. Diesbezüglich zeigen sich keine bedeutsamen Unterschiede zu Erhebungen in der deutschen Allgemeinbevölkerung. Die vorgeworfenen sexuellen Übergriffe wurden aus Beweggründen begangen, die sich überwiegend dem normalpsychologischen Bereich zuordnen lassen und nur in wenigen Fällen Folge einer spezifischen Psychopathologie waren“, so Professor Leygraf. Zur Rückfälligkeit erklärte er: „Betrachtet man internationale Befunde zur Rückfälligkeit sexuell übergriffiger katholischer Geistlicher, die an ambulanten Behandlungsmaßnahmen teilnahmen, so trat ein relativ kleiner Anteil von etwa fünf Prozent erneut mit sexuellen Übergriffen in Erscheinung. Inwiefern unbehandelte sexuell übergriffige Geistliche eine geringere oder höhere Rückfallrate aufweisen, ist bis heute unbekannt. Verbleiben sexuell übergriffige katholische Geistliche innerhalb ihrer Kirche, dann verfügen sie über ein soziales Kontroll- und Unterstützungsnetzwerk, welches unter rückfallpräventiven Gesichtspunkten als protektiver Faktor angesehen werden kann.“

Die Ergebnisse der Studie, die Anfang nächsten Jahres in einer eigenen Fachpublikation veröffentlicht werden, finden auch bei der in Kürze anstehenden Überprüfung der Rahmenordnung Prävention Berücksichtigung.




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