| Pfarrer Sammelte Kinderpornos
By Peter Richter
Augsburger Allgemeine
November 2, 2012
http://www.augsburger-allgemeine.de/augsburg/Pfarrer-sammelte-Kinderpornos-id20448986.html
Ein 60-jahriger katholischer Pfarrer aus dem Raum Augsburg hat Kinderpornos gesammelt und ist deswegen vom Amtsgericht zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten auf Bewahrung verurteilt worden. Wie Amtsrichter Michael Ni?l auf Anfrage bestatigte, ist das Urteil bereits rechtskraftig. Der Priester hat den Strafbefehl akzeptiert und sich so eine offentliche Gerichtsverhandlung erspart.
Es war das bischofliche Ordinariat selbst, das im vorigen August den Fall bei der Augsburger Staatsanwaltschaft angezeigt hatte. Auf Anfrage unserer Zeitung nahm gestern Otto Kocherscheidt namens der Diozese zu dem Vorgang Stellung. Der ehemalige Richter ist vom Bistum beauftragt, sich moglicher Missbrauchsfalle anzunehmen.
Im Marz 2011 hatte ein Anrufer sich bei ihm gemeldet und den Pfarrer angezeigt. Nach einer kircheninternen Prufung gab die Diozese den Fall an die Staatsanwaltschaft weiter.
Mitte Oktober klingelten Kriminalbeamte bei dem Priester und durchsuchten seine Wohnung. Sie stie?en dabei auf zwei Computer, auf denen hunderte indizierter Pornofilme und -Fotos gespeichert waren. Die meisten Szenen zeigen Kinder und Jugendliche bei sexuellen Handlungen. Daneben gibt es auch Fotos nackter Kinder, die in dieser Form seit dem Jahr 2008 in Deutschland verboten sind. Ihr Besitz wird bestraft.
Spezialisten stellen geloschte Dateien wieder her
Allerdings waren, als die Polizei kam, bereits mehr als 100 solcher Dateien geloscht gewesen. Ein hinzugezogener Sachverstandiger machte sie mit Hilfe einer speziellen Software wieder sichtbar. Wohl aus Vorsicht hatte der Priester begonnen, seine Festplatten auf dem Computer zu saubern. Zwei Monate zuvor hatte ihm ein Mitglied des Domkapitels in einem personlichen Gesprach eroffnet, dass er bei der Staatsanwaltschaft angezeigt werde.
Denn die seit 2010 uber die katholische Kirche hereingebrochene Welle von Missbrauchsfallen hat die Verantwortlichen in den deutschen Bistumern im Umgang damit sensibler werden lassen. Der Anrufer, ein schon alterer Herr, hatte Kocherscheidt unter anderem erzahlt, wie er Ende der 80er Jahre als damals 16-Jahriger vom Pfarrer genotigt worden sei, sich nackt fotografieren zu lassen.
Ohnehin war damals im Unterallgau, wo der Pfarrer eingesetzt war, uber dessen sexuelle Neigungen getuschelt worden. Als Leiter einer umstrittenen Pfadfindergruppe hatte er die Buben und Madchen zu Zeltlagern begleitet und sie dort angeblich auch nackt fotografiert. Kirchenintern sah sich der Priester 1992 sogar Vorwurfen des sexuellen Missbrauchs und des Besitzes von Pornographie ausgesetzt. „Was den Missbrauch betrifft, trafen sie nicht zu“, sagte Kocherscheidt. „Das angebliche Opfer hat sie selbst ausgeraumt.“
Sein Interesse an verbotener Pornographie gestand der Priester dagegen damals ein. Damit war seine mogliche Berufung zum Jugendseelsorger fur das Bistum, damals als hei?er Kandidat gehandelt, kein Thema mehr. Zuletzt war der Geistliche auf einer Stelle ohne eigene Pfarrei eingesetzt. Kontakt zu Kindern hatte er dabei nicht.
Im vergangenen Herbst – kurz nach der Durchsuchung – wurde er von seinem Posten abberufen. Begrundet wurde dies damals mit gesundheitlichen Problemen. Seitdem befindet sich der 60-Jahrige im Ruhestand.
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