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Thiersee Beginnt, Dunkles Kapitel Aufzuarbeiten

By Wolfgang Otter
Tiroler Tageszeitung
October 3, 2012

http://www.tt.com/Tirol/5498385-2/thiersee-beginnt-dunkles-kapitel-aufzuarbeiten.csp

Der sexuelle Missbrauch von Buben durch den verstorbenen Thierseer Pfarrer hat Gräben im Dorf hinterlassen.

„Freundeskreis Victoria" will Opfern des Missbrauchs durch Pfarrer in Thiersee helfen. Immer mehr Leute kommen zu den Treffen.

Thiersee – Seelische Wunden verheilen nur langsam, oft schmerzen sie noch Jahrzehnte später. Manches Mal brechen sie auch erst spät auf und erst dann können die Betroffenen darüber reden. Diese Erfahrungen musste die Dorfgemeinschaft im idyllischen Thiersee machen, als plötzlich die Taten des verstorbenen Pfarrers und Ehrenbürgers an die Öffentlichkeit kamen.

Der Geistliche hatte vor Jahrzehnten mehrere Buben und Jugendliche sexuell missbraucht, über einen langen Zeitraum hinweg, wie sich herausstellte. Die Erzdiözese Salzburg machte die unglaublichen Vorgänge sogar selbst öffentlich. Im Anschluss an einen Gottesdienst verlas Prälat Johann Reißmeier eine dementsprechende Erklärung.

Das Bekanntwerden der Vorgänge rief nacktes Entsetzen und einen Sturm der Entrüstung hervor. Aber in zweierlei Hinsicht: So mancher konnte es nicht glauben, dass ein einstiger Ehrenbürger und Pfarrer derart abstoßende Dinge gemacht haben kann. Sogar heute noch lehnen manche Thierseer es ab, diese Vorwürfe zu glauben. Es gab aber auch Personen, die sich schämten, weil sie weggesehen hatten.

Die Vorfälle haben Gräben im Passionsspieldorf aufgetan, der Wirbel gipfelte in der Aberkennung der Ehrenbürgerschaft des Pfarrers durch den Gemeinderat.

Damit wurde es zumindest vorerst medial ruhig um den Ort – nach außen hin. Im Dorf selbst ist die Kluft immer noch vorhanden, wie die Psychotherapeutin Isabella Gruber erklärt. Den will jetzt die von ihr mitgetragene Gruppe „Freundeskreis Victoria" zu überwinden helfen und zugleich eine Hilfestellung für die Betroffenen geben. Mit zunehmendem Erfolg: Immer mehr Personen kommen zu den Treffen, bei denen nicht nur geredet, sondern auch gewandert und gebastelt wird. „Es geht auch darum, den Opfern zu zeigen, dass sie nicht alleine gelassen werden", erklärt Gruber.

Eine weitere Aufgabe der Gruppe sei es, Vorträge zu organisieren. „Ein intellektuelles Highlight", wie Gruber betont, „soll nun der Vortrag von Ndubueze Fabian Mmagu, Psychotherapeut und katholischer Priester, sein." Er spricht am 23. Oktober in Hinterthiersee über das Thema Scheitern und das Versöhnen mit dem Unversöhnlichen.

Die Initiative der Gruppe um Gruber ist für Bürgermeister Hannes Juffinger äußert wertvoll. „Thiersee ist dabei, diese Geschichte aufzuabrieten", meint er und fügt an: „Auf die vielfältigste Weise." Denn jeder finde seinen eigenen Weg, wobei die Gemeinde die Treffen und Vorträge unterstützt. Aber auch Juffinger bestätigt, dass sich die Wogen um die Vorfälle noch nicht geglättet haben. Eines könne er aber nicht bestätigen: Dass die Blumen vom Grab des ehemaligen Pfarrers ausgerissen wurden.

Eines ist sicher: Es gibt noch viel zu tun, bevor Friede in Thiersee einkehren wird.




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