| Klare Ablaufe Im Verdachtsfall
Echo
September 22, 2012
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Ein Jahr lang arbeitete die evangelische Gemeinde Morfelden an ihrem Schutzkonzept gegen sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Mit den Sommermonaten begann die Umsetzung. „Wir wollen damit Verantwortung ubernehmen“, erklart Pfarrerin Andrea Schatzler-Weber. Es sei wichtig, die Augen vor moglichen sexuellen Ubergriffen nicht zu verschlie?en und die Kinder bestmoglich zu schutzen.
Aufgestellt wurde das Konzept vom Kinder- und Jugendausschuss der Gemeinde, in dem Pfarrerin Barbara Schindler und Herbert Bohnke federfuhrend mitarbeiteten. Professionelle Unterstutzung kam vom Verein Wildwasser, der von sexuellem Missbrauch Betroffenen und deren Angehorigen Hilfe anbietet. Nachdem die Walldorfer Kirchengemeinde ihr Konzept zum Jahresanfang fertigstellte, haben nun beide evangelischen Gemeinden ein Praventionskonzept.
Einige hauptamtliche Gemeindemitarbeiter und Mitglieder des Kirchenvorstands seien bereits geschult worden, so Schatzler-Weber. Im Herbst folgen weitere Schulungen fur ehrenamtliche Mitarbeiter, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. So soll ein Bewusstsein fur sexuelle Ubergriffe und Gewalt geschaffen werden. Das Konzept sieht unter anderem auch vor, dass erwachsene Kirchenmitarbeiter erweiterte Fuhrungszeugnisse vorlegen mussen. Unabhangig vom Alter sind alle Mitarbeiter verpflichtet, Verhaltensregeln zu unterschreiben.
Zwar liegt der Schwerpunkt des Konzepts auf der Pravention, wie Schatzler-Weber erklart, es sehe aber auch klare Ablaufe vor, falls es einen Verdachtsfall gibt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein Missbrauch innerhalb der Gemeinde oder au?erhalb vermutet wird. So gibt es einen Schutzbeauftragten, der informiert werden muss. Auch ist die Bildung eines Krisenteams vorgesehen, um gemeinsam die weiteren Schritte zu beraten. Notfalls werde professionelle Helfe hinzugezogen, erklart Pfarrerin Schatzler-Weber. Erst wenn es einen erharteten Verdacht gibt, ist vorgesehen, das Jugendamt zu informieren.
Zwar sei es wichtig, sofort etwas zu unternehmen, allerdings durfe nicht kopflos und ubersturzt gehandelt werden, betont die Pfarrerin. Eine der gro?en Schwierigkeiten bei der Erarbeitung des Konzepts sei gewesen, zu lernen, wie man bei einem Verdacht richtig vorgeht. Die Erfahrung von Wildwasser sei dabei sehr hilfreich gewesen. „Es war gut, mit Menschen zusammenzuarbeiten, die wissen, von was sie reden.“
Zwar steht das Konzept, die Praventionsarbeit sei aber ein fortlaufender Prozess, der nicht abgeschlossen ist, so die Pfarrerin. Fur neue Mitarbeiter soll es jeden Herbst Schulungen geben. Mit ihrer Einstellung mussen sie sofort ein erweitertes Fuhrungszeugnis vorlegen. Auch neue Mitglieder im Kirchenvorstand mussen ihr Fuhrungszeugnis vorweisen. Alle funf Jahre sollen alle Mitarbeiter ihre Zeugnisse erneut einreichen.
„Ein sexueller Missbrauch kann jederzeit zum Thema werden“, betont Schatzler-Weber. Laut Kriminalstatistik fur das Jahr 2011 ist die Zahl der sexuellen Ubergriffe auf Kinder im Vergleich zum Vorjahr bundesweit um 4,9 Prozent auf 12 444 Taten angestiegen. Hilfsorganisationen gehen aber von einer zehn- bis funfzehn Mal hoheren Dunkelziffer aus.
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