| Pfarrer Soll Sich in 70er Jahren an Kindern Vergangen Haben
By Johannes DÖrries
Mitteldeutsche Zeitung
July 31, 2012
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BAD LAUCHSTÄDT/MZ. Gegen einen Pfarrer im Ruhestand der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) ermittelt die Staatsanwaltschaft Halle wegen des Verdachts auf Missbrauch von Kindern. Grundlage ist eine Anzeige der Kirche, die ihrerseits ein Disziplinarverfahren gegen den 78-Jährigen eingeleitet hat. Der Mann soll sich nach Aussagen von zwei Zeugen in den Jahren 1973 bis 1978 in der Kirchengemeinde Bad Lauchstädt (Saalekreis) an Kindern vergangen haben.
Erste Hinweise eines Betroffenen auf die Missbrauchsfälle hat es bereits vor zwei Jahren gegeben. Damals sei ihnen allerdings zunächst nicht nachgegangen worden, teilte die EKM mit. „Die Ermittlungen hätten eher beginnen können", sagte EKM-Sprecherin Susanne Sobko am Montag. Deshalb habe die Kirche ein weiteres Disziplinarverfahren gegen den seinerzeit zuständigen Personaldezernenten eingleitet. Der Mann ist nicht mehr bei der Kirche beschäftigt. Er habe seinen damaligen Arbeitgeber allerdings nicht im Zusammenhang mit dem Missbrauchsverdacht und den jetzt laufenden Ermittlungen verlassen, sagte Sobko. Die disziplinarrechtlichen Ermittlungen gegen den Dezernenten werden indes so lange ausgesetzt, bis das staatsanwaltliche Verfahren gegen den Pfarrer abgeschlossen sind.
Der Pfarrer war bis 1996 im Dienst der Landeskirche und wohnt heute in Niedersachsen. Bis zu seinem Wechsel in den Ruhestand war er Seelsorger im Bereich der Kirchenprovinz Sachsen, die neben großen Teilen Sachsen-Anhalts Teile Sachsen und Brandenburgs umfasst. Wo genau er gearbeitet hat, dazu wollte die EKM-Sprecherin keine Angaben machen.
Geklärt werden müsse nun, ob der 78-Jährige in weiteren Fällen Kinder missbraucht hat, so Sobko. Das hält offenbar auch die Staatsanwaltschaft Halle nicht für ausgeschlossen. Sie hat in der vorigen Woche von der EKM eine Liste mit Namen von weiteren möglichen Opfern erhalten, sagte Andreas Schieweck, Sprecher der Staatsanwaltschaft. Erst wenn diese von den Ermittlern angehört worden seien, könne der Zeitraum, in dem der mögliche Missbrauch stattfand, eingegrenzt sowie die Schwere der Fälle beurteilt werden.
Erst dann ist auch zu klären, ob alle Fälle juristisch verjährt sind. Der Missbrauch von Kindern kann laut Schieweck mit sechs Monaten bis zehn Jahren Haft geahndet werden und verjährt nach zehn Jahren. In schweren Fällen gelten längere Fristen und höhere Strafen.
Dienstrechtlich hingegen gebe es keine Verjährung, betonte EKM-Sprecherin Sobko - Pfarrer seien lebenslang im Dienst der Kirche. Ein Disziplinarverfahren werde eingeleitet, wenn „zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die den Verdacht einer Amtspflichtverletzung begründen". Beschlossen worden ist das Verfahren vom Kollegium des Landeskirchenamtes, dem auch Landesbischöfin Ilse Junkermann angehört. Kirche und Staatsanwaltschaft betonten, dass nicht absehbar sei, wann mit Ermittlungsresultaten zu rechnen ist.
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