| Buben Missbraucht: 4 Jahre Haft Fur Ex-mesner
Main Post
July 12, 2012
http://www.mainpost.de/regional/franken/Buben-missbraucht-4-Jahre-Haft-fuer-Ex-Mesner;art1727,6894765
Weil er einen Ministranten 20 Mal sexuell missbraucht hat, hat das Wurzburger Landgericht den 30-jahrigen ehemaligen Mesner einer katholischen Kirchengemeinde im Kreis Kitzingen zu vier Jahren Gefangnis verurteilt. Der Mann, der jetzt studiert, hat offensichtlich nicht mit einer so hohen Strafe gerechnet.
Schon als Staatsanwalt Thomas Trapp in seinem Pladoyer funf Jahre Freiheitsstrafe forderte, wurde der 30-Jahrige blass und rieb sich nervos uber den Mund. Als Trapp einen Haftbefehl beantragte, den das Gericht allerdings nicht erlie?, schwitzte der Angeklagte. Wahrend des Pladoyers seines Verteidigers Norman Jacob hielt der Ex-Mesner die Augen geschlossen. Jacob beantragte eine Freiheitsstrafe „von nicht mehr als zwei Jahren“, die zur Bewahrung ausgesetzt werden sollte.
Das Gericht entschied anders. In der Urteilsbegrundung betonte der Vorsitzende, Landgerichtsvizeprasident Lothar Schmitt, dass „Sinn und Zweck einer Strafe“ nicht „nur die Resozialisierung des Taters ist, sondern auch der Schuldausgleich“. Die Kammer wurdigte zwar, dass der Angeklagte sich mehrmals bei seinem Opfer entschuldigt hat. Sie erkannte auch an, dass er bereits 9000 Euro Schadenersatz geleistet und sich verpflichtet hat, weitere 8000 Euro zu zahlen. Trotzdem, so Schmitt, verbiete die Schuld, die der ehemalige Mesner auf sich geladen hat, eine Bewahrung.
Als die Taten begannen, war der Angeklagte 22, der Ministrant gerade mal zwolf Jahre alt. Der Junge, Sohn erfolgreicher Geschaftsleute, fuhlte sich allein, der Mesner wurde, so die Urteilsbegrundung, „zu seiner wichtigsten Bezugsperson“. Ohne Gewalt, nur durch Zureden und Geschenke habe der Mann sich das Kind gefugig gemacht, sagte Schmitt und attestierte dem Angeklagten „verabscheuungswurdiges Verhalten“.
Dann wandte sich der Vorsitzende an das Opfer. Man konne den Leidensweg des heute 20-Jahrigen „nur erahnen“, sagte er und erwahnte dessen vier Selbstmordversuche, den Abbruch seiner Ausbildung, den stationaren Aufenthalt in einem Nervenkrankenhaus, wo er endlich uber die Leiden, die er erdulden musste, sprechen konnte.
Schmitt wurdigte auch den Mut des schwer traumatisierten jungen Mannes. Es sei sinnvoll und ein gutes Beispiel fur andere Missbrauchsopfer gewesen, Tat und Tater zu benennen, sagte der Richter. Das „mutige Auftreten“ des 20-Jahrigen werde ihm auch „bei der Aufarbeitung des Geschehens“ helfen. Dann wunschte Schmitt dem Opfer, dass es ihm gelingen moge, „neu und unbelastet im Leben Fu? zu fassen“.
Zum Schluss richtete der Vorsitzende Richter noch mal das Wort an den Angeklagten – und zitierte eine Strophe aus dem Lied „Kinder“ der Liedermacherin und Lyrikerin Bettina Wegner aus dem Jahr 1978: „Sind so kleine Seelen offen und ganz frei. Darf man niemals qualen geh'n kaputt dabei.“
Nach der Urteilsbegrundung verlie? der Angeklagte in Begleitung einer Dozentin der Universitat, an der er „Religionspadagogik und kirchliche Bildungsarbeit“ studiert, das Wurzburger Strafjustizzentrum. Ob er sein Studium fortsetzen kann, ist noch nicht klar. Zu einer Stellungnahme gegenuber der Presse war der 30-Jahrige nicht bereit. Das Urteil ist nicht rechtskraftig.
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