BishopAccountability.org
 
 

Von Mesner Missbraucht: Prozess Zeigt Die Leiden Des Opfers

Main Post
July 6, 2012

http://www.mainpost.de/regional/franken/Von-Mesner-missbraucht-Prozess-zeigt-die-Leiden-des-Opfers;art1727,6880637

Was sexueller Missbrauch in Kindheit und Jugend aus einem Menschen machen kann, zeigt sich im Prozess gegen den ehemaligen Mesner einer katholischen Gemeinde im Kreis Kitzingen. Der Mann steht wegen sexueller Ubergriffe auf einen Ministranten vor dem Wurzburger Landgericht. Zu Prozessbeginn gab er zu, den Messdiener missbraucht zu haben, seit dieser zwolf Jahre alt war.

Am zweiten Verhandlungstag spricht der Vorsitzende Richter Lothar Schmitt das Missbrauchsopfer, an, das als Nebenklager auftritt. Er wisse, „wie schwer“ es fur den 20-Jahrigen gewesen sei, vor Gericht von seinem Martyrium zu berichten, sagt Schmitt. Und er wisse auch, wie schwer es ihm falle, die Verhandlung durchzustehen. Dass er trotzdem anwesend sei, „verdient Respekt“.

Der 20-jahrige nickt kaum merklich. Der gut aussehende Mann mit der sportlichen Figur wirkt tieftraurig und in sich gekehrt. Wenn er wahrend der Pausen mit seiner Familie zum Durchatmen vors Gerichtsgebaude geht, raucht er schweigend.

Viele Jahre hat er niemandem erzahlt von dem, was geschah. Erst 2011, als er nicht mehr daheim lebte, als er keinen Kontakt mehr zu dem Mesner und mehrere Selbstmordversuche hinter sich hatte, als er in einer psychiatrischen Klinik war, konnte er sich offnen.

Zwei Psychiater erklaren dem Gericht, dass viele missbrauchte Kinder jahrelang in Sprachlosigkeit verharren. „Scham und Schuldgefuhle“ machten es ihnen unmoglich, uber das Erlebte zu reden. Und fast alle gaben sich selbst die Schuld. Weil sie „mitgemacht“ hatten, weil sie sich nicht „gewehrt“ hatten, weil sie sich „mit Geschenken“ hatten kodern lassen.

Nach den Worten der Fachleute realisieren die Opfer nicht, dass missbrauchte Kinder keine Chance haben, sich gegen ihre erwachsenen Peiniger zur Wehr zu setzen. „Es fehlen ihnen sowohl die korperlichen Moglichkeiten als auch die soziale Kompetenz.“ Erst nach einem „personlichen Abstand“ zu den Taten und „mit wachsender Reife“ konnten sie uber ihre Erlebnisse sprechen.

Den heute 20-Jahrigen hat das gepragt, was ihm in der Sakristei und in der Wohnung seines Peinigers widerfuhr. Als Kind vermisste er elterliche Zuwendung. Bei dem Mesner, so ein Psychiater, habe er „moglicherweise das Gefuhl gehabt, die Zuwendung zu bekommen, die ihm daheim fehlte“. Dass man damit in eine „Sackgasse gerat“, die „die Entwicklung blockiert“, konne ein Kind nicht wissen. In der Pubertat galt er als schwierig, hatte Schulprobleme, wurde oft gehanselt. Heute, wo der Missbrauch bekannt ist, fuhren die Psychiater all das „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ auf die sexuellen Ubergriffe zuruck.

Die Personlichkeit des jungen Mannes ist schwer beschadigt. Seinen Wunsch, die Ausbildung, die er wegen seiner psychischen Probleme unterbrechen musste, bald fortzusetzen, halten Psychiater und Psychologen fur „kaum realisierbar“. Sie empfehlen eine stationare Therapie, danach „weitere, strukturierte Unterstutzung“. Nur dann konne der 20-Jahrige irgendwann „ein eigenes Leben fuhren, in dem ihn die Erinnerungen nicht standig packen und seinen Alltag einschranken“.

Der Angeklagte, der jetzt „Religionspadagogik und kirchliche Bildungsarbeit“ studiert, verfolgt die Ausfuhrungen mit gesenktem Kopf. Er hat sich bei dem Opfer entschuldigt: „Es tut mir leid, dass du das durchleben musst.“ Der Prozess wird am 12. Juli fortgesetzt.

 

 

 

 

 




.

 
 

Any original material on these pages is copyright © BishopAccountability.org 2004. Reproduce freely with attribution.