Pfarrer Bleibt Trotz Übergriffe Ehrenbürger

By Wolfgang Otter
Tiroler Tageszeitung
June 5, 2012

http://www.tt.com/Tirol/4894952-2/pfarrer-bleibt-trotz-%C3%BCbergriffe--ehrenb%C3%BCrger.csp


Thiersee – Die Vorwürfe gegen den vor drei Jahren verstorbenen Thierseer Pfarrer und Ehrenbürger sorgen für hitzige Diskussionen im Passionsspieldorf. Der Geistliche wird beschuldigt, Burschen zwischen zehn und 14 Jahren betatscht und sexuell belästigt zu haben. Anschuldigungen, die von mehreren Betroffenen erhoben wurden und – obwohl die Ereignisse viele Jahre zurückliegen – von der Ombudsstelle für Opfer sexuellen Missbrauchs und Gewalt in der Erzdiözese Salzburg als glaubhaft eingestuft werden. Daher reiste Prälat Johann Reißmeier vor wenigen Tagen höchstpersönlich nach Thiersee, um bei einem Gottesdienst die Pfarre über die sexuellen Übergriffe zu informieren und sich für die Verfehlungen des Verstorbenen zu entschuldigen. Außerdem gab es ein Gespräch mit betroffenen Thierseern. Laut Pressestelle der Erzdiözese werden dadurch weitere Fälle von der Ombudsstelle untersucht. Zudem sei am 11. Juni ein Informationsabend über das Thema geplant. Dabei geht es allgemein um die Frage von pädophilen Handlungen durch Priester.

Damit ist die Sache für die Thierseer jedoch noch nicht abgeschlossen. Ganz abgesehen davon, dass so manchen unter ihnen Reißmeiers Abbitte wenig freut, weil sie ihnen übertrieben erscheint, gibt es auch ein Lager im Dorf, das sich mit der Erklärung noch nicht zufrieden gibt. Und einer der Betroffenen beantragte bei Bürgermeister Hannes Juffinger sogar, dem verstorbenen Pfarrer die Ehrenbürgerschaft abzuerkennen, die dieser 1997 verliehen bekommen hatte.

Doch der Gemeinderat konnte sich nicht zu diesem Schritt durchringen. Juffinger: „Es ist seitens der Erzdiözese offen geblieben, wie schwer die Verfehlungen waren, zudem gingen die Meinungen so weit auseinander, dass ich zuerst abstimmen ließ, ob wir den Antrag behandeln sollen. Das wurde abgelehnt." Die Aberkennung sei ohnedies gesetzlich nicht so leicht möglich, wie Juffinger anführt. Ob sich der Betroffene damit zufrieden gibt, wird sich noch zeigen.