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  Missbrauchsopfer – " Leben Von Hartz Iv"

Berliner Morgenpost
September 22, 2011

http://www.morgenpost.de/berlin-aktuell/papstbesuch/article1771736/Missbrauchsopfer-Leben-von-Hartz-IV.html

Kinderschutz: Lieve Halsberghe, Barbara Blaine und Wilfried Fesselmann vom Missbrauchsopfer-Netz SNAP protestieren vor der Hedwigskathedrale
Photo by Foto: Christian Schroth

[with video]

Betroffene haben heftige Kritik am Umgang der Kirche mit dem Thema Kindesmissbrauch geübt. Sie fordern die Entlassung von pädophilen Priestern und besseren Schutz für Kinder.

Elf Jahre alt war der Messdiener Winfried Fesselmann, als ihn ein Kaplan während einer Ferienfreizeit in Essen sexuell missbrauchte. Das Verbrechen flog auf, der Geistliche wurde 1980 versetzt. Ins Erzbistum München, dem Joseph Ratzinger damals als Bischof vorstand. Der Priester durfte weiterarbeiten, auch mit Kindern.

„Ratzinger war direkt in den Fall verwickelt", sagt Fesselmann. Darum will er mit anderen Missbrauchsopfern aus katholischen Einrichtungen den heutigen Papst auf jeder seiner Reisestationen in Deutschland an das dunkle Kapitel Missbrauch durch Geistliche erinnern. Er selbst wird immer noch von dem Schrecken aus der Kindheit heimgesucht. Ärzte attestierten ihm eine Posttraumatische Störung. Er ist seit zwölf Jahren arbeitslos. Sein Peiniger durfte weiter im Kirchendienst arbeiten.

Erst nachdem Morgenpost Online die systematischen Missbrauchsfälle am Berliner Canisius-Kolleg öffentlich gemacht hatte und in der Folge eine ganze Welle von Enthüllungen durch Deutschland gebrandet war, brachte der ehemalige Messdiener im März 2010 auch seinen Fall und die Mitverantwortung des Bischofs Ratzinger ans Licht. Erst jetzt suspendierten die Kirchenoberen den Priester. Bis heute lebt er in München, bezieht Gehalt von der Kirche. „Und die Opfer leben von Hartz IV", sagt Fesselmann bitter. Der Vatikan habe seine wiederholten Bitten nach einem Gespräch mit dem Papst ignoriert. Nur das „Almosen" von 5000 Euro habe er wie andere Missbrauchsopfer von der Kirche erhalten.

PROTEST VOR DER HEDWIGSKATHEDRALE

Der Mann aus dem Ruhrpott hat sich am Mittwoch wortgewaltige Unterstützung zu einer kleinen Pressekonferenz auf den Stufen der Hedwigskathedrale am Bebelplatz mitgebracht. Barbara Blaine, Präsidentin des SNAP-Netzwerkes, das nach eigenen Angaben 12.000 „Überlebende des Missbrauchs durch Priester" sowie deren Unterstützer versammelt, verlangte vom Papst, auf das geplante Geheimtreffen mit ausgewählten Missbrauchsopfern zu verzichten. Solche Gesten seien bedeutungslos und dienten nur dazu, Papst und Kirche in ein besseres Licht zu rücken. Stattdessen solle der Papst dafür sorgen, dass Kinder wirksam geschützt würden.

 
 

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