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Katholische Kirche öffnet Personalakten Der Spiegel July 10, 2011 http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/0,1518,773423,00.html
Hamburg - Die Devise lautete lange Zeit: abschotten. Bei einem Verdachtsfall wurde kirchenintern ermittelt, Opfer wurden intern betreut. Staatsanwaltschaft? Fehlanzeige. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) legte sich mit der katholischen Kirche an, als sie eine generelle und sofortige Einschaltung der Staatsanwaltschaft forderte - bei jedem Verdachtsfall. Der Vorstoß ging ins Leere. Bisher gibt es daher keine unabhängige Erfassung der Missbrauchsfälle, die sich in den Reihen der katholischen Kirche ereignet haben. Das soll sich nun ändern: Mit einer in Europa beispiellosen Untersuchung zum sexuellen Missbrauch durch Geistliche und Ordensleute will die katholische Kirche verlorene Glaubwürdigkeit zurückgewinnen. Nach SPIEGEL-Informationen werden die Bischöfe dazu dem Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) in allen 27 Diözesen Zugriff auf sämtliche Personalakten der vergangenen zehn Jahre gewähren, zusätzlich in neun der 27 Bistümer sogar bis ins Jahr 1945 zurück. Einen einstimmigen Beschluss dazu fasste die Deutsche Bischofskonferenz bereits am 20. Juni. Kirchenmitarbeiter werden unter Aufsicht eines KFN-Teams, bestehend aus pensionierten Staatsanwälten und Richtern, die Akten auf Hinweise zu sexuellen Übergriffen durchsuchen. In einem zweiten Schritt soll das KFN-Team die Verdachtsakten auswerten. Vorgesehen ist, allen noch erreichbaren Opfern einen Fragebogen auszuhändigen, in dem sie Angaben zu dem Vorfall machen können. In einer zweiten Runde sind bei Interesse auch noch ausführliche Interviews geplant - ebenso mit Tätern, die dazu bereit sind. Mit der Studie will die Bischofskonferenz ermitteln, unter welchen Umständen es zu den Taten gekommen ist, wie die Kirche damit in der Vergangenheit umgegangen ist und welche Schlüsse sich ziehen lassen, um neue Fälle zu verhindern. In einer weiteren Studie wird eine Psychiatergruppe um den bekannten Essener Gerichtsgutachter Norbert Leygraf eine Auswertung von rund 50 Fällen vorlegen, in denen Priester und Ordensleute unter dem Verdacht des sexuellen Missbrauchs vor Gericht standen und dafür psychiatrisch untersucht wurden. Die deutschen Bischöfe wollen die Details der auf drei Jahre angelegten Untersuchung in dieser Woche vorstellen und äußerten sich daher vorab nicht zu den Inhalten. Allerdings steht schon jetzt fest, dass die Arbeit mitunter schwierig werden dürfte: So wurde im Dezember 2010 bekannt, dass die Kirche Missbrauchsfälle offenbar systematisch vertuschte. Rechtsanwältin Marion Westphal hatte die Missbrauchsfälle der Jahre 1945 bis 2009 im Bistum München und Freising untersucht. Sie kam zu dem Schluss: "Wir haben es mit umfangreichen Aktenvernichtungsaktionen zu tun." Statt an das Leid der Opfer zu denken, hätten viele Kirchenmitarbeiter in erster Linie einen Skandal vermeiden wollen. Zum Teil seien Akten in Privatwohnungen weggebracht worden, zum Teil seien sie im Ordinariat für Unbefugte zugänglich gewesen. Als problematisch stellte sich auch heraus, dass in den Kirchenakten Sexualdelikte in völlig verharmlosender Sprache erwähnt wurden. |
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